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Regionale Schulgeschichte - oops - Carl von Ossietzky Universität ...

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62<br />

Vater hat erst in Crailo gefangen gesessen, später in Veenhuizen und<br />

in Westerbork. Ich erinnere mich noch an eine endlose Zugreise nach<br />

Westerbork, zusammen mit meiner Mutter.<br />

Ich weiß nicht, <strong>von</strong> wem Vater festgenommen worden ist, aber 1946<br />

ist <strong>von</strong> einer jüdischen Familie eine Anklage eingereicht worden. Es<br />

ging um die Räumung eines Hauses, Vater soll sich dabei schlecht benommen<br />

haben. Das war 1942. Er ist dort offensichtlich ziemlich rabiat<br />

vorgegangen. Als die Anklage vorlag, kam die Angelegenheit ins<br />

Rollen und es gab noch mehr Anklagen. Menschen aus dem Widerstand<br />

scheinen den Namen meines Vaters auch schon früher weitergegeben<br />

zu haben. Letztendlich wurde Vater 1947 in ‘s-Hertogenbosch<br />

verhaftet.<br />

Ich erinnere mich, dass Vater eines Tages wieder hereinspazierte, das<br />

war 1952. Wir waren in der Zwischenzeit wieder nach Amsterdam gezogen<br />

und Vater fand dort Arbeit als Nachtpförtner. Später sind wir<br />

nochmal umgezogen, nach Eindhoven, weil mein Vater dort Arbeit als<br />

Kontrolleur beim Sociaal Fonds Bouwnijverheid* gefunden hatte. In<br />

dem Jahr, in dem mein Mann und ich geheiratet haben, 1968, wurden<br />

meine Eltern geschieden. In meiner frühesten Jugend bin ich also nur<br />

mit meiner Mutter aufgewachsen. Sie erzählte mir immer, dass sie<br />

durch meinen Vater all ihre Freundinnen verloren hatte. Aber ich<br />

weiß, dass diese Geschichte nicht stimmt, denn ich durfte auch nie<br />

Freundinnen mit nach Hause bringen, während ich selbst jedoch zu<br />

diesen Freundinnen gehen durfte. Meine Mutter hat bei den Leuten<br />

traurige Geschichten erzählt und bekam dann oft etwas Geld. Oder sie<br />

versprachen ihr Geld und ich wurde dann <strong>von</strong> Mutter losgeschickt, um<br />

dieses Geld abzuholen. Ich musste auch immer einkaufen und dann<br />

anschreiben lassen. Oft musste ich dann die Einkäufe nach Ladenschluss<br />

abholen, weil sie sich doch auch ein wenig schämte. Meine<br />

Mutter war sozusagen derart komplett überdreht, dass sie mich nicht<br />

nur seelisch, sondern auch körperlich misshandelt hat. Das hat furchtbare<br />

Folgen für mein Leben gehabt.“<br />

Kinder haben den Krieg und die ersten chaotischen Jahre nach dem Krieg in<br />

aller Härte mitbekommen. Sie bemerkten die Drohung und die Ohnmacht der<br />

Eltern und auch der anderen Erwachsenen, die die Kinder nicht schützen<br />

konnten.

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