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Regionale Schulgeschichte - oops - Carl von Ossietzky Universität ...

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Auch Harm Schreiber war noch ganz jung, als der Krieg zu Ende war. Als<br />

er nach seiner Schulzeit Arbeit suchte, hatte er immer Angst, dass man ihn<br />

als Sohn eines NSBer erkennen würde. Das Gerede über die NSBer begann<br />

in der Zeit gerade ein wenig nachzulassen. Aber als ein Kollege entlassen<br />

wurde, weil er beim Jeugdstorm gewesen war, wurde es Harm mulmig und er<br />

suchte einen anderen Job.<br />

Harm Schreiber:<br />

„Ich bin 1935 geboren, und als die Befreiung kam, war ich erst neuneinhalb<br />

Jahre alt. Ich wohnte mit meinen Eltern und Geschwistern in<br />

Süd-Ost Drenthe.<br />

Um ein Beispiel zu geben, dass Menschen manchmal etwas phantasieren,<br />

die folgende Geschichte: In meinem früheren Wohnort war vor<br />

einigen Jahren ein Buch erschienen, in dem ein Bild <strong>von</strong> jemanden in<br />

SS- oder Landstormuniform* abgedruckt war. Einige Personen haben<br />

damals gesagt, dass ich auf den Bildern zu sehen sei. Aber das konnte<br />

gar nicht sein, denn im Krieg war ich noch ein Kind. Meiner Meinung<br />

nach ist das ein Nachweis der Tatsache, dass Menschen oft gar nicht<br />

erst prüfen, ob etwas auf Wahrheit beruht, bevor sie es weitererzählen.<br />

Das ist vor allem ganz bitter, wenn es sich um sensible Themen handelt.<br />

Mein Vater arbeitete ursprünglich als Straßenhändler bei einer Genossenschaft.<br />

Das war vor dem Krieg. Er hatte schließlich durch harte<br />

Arbeit einen kleinen Bauernhof und zwei Kühe kaufen können. Aber<br />

die Zeit war ungünstig, denn wirtschaftlich ging es den Bauern in den<br />

dreißiger Jahren wirklich arg schlecht. Unsere Familie kam leider unter<br />

den Einfluss der NSB. Mein Vater wurde zwar selbst kein Mitglied<br />

der NSB, aber zwei meiner Schwestern und ein Bruder meldeten sich<br />

bei der Bewegung an. Ich war das jüngste <strong>von</strong> sechs Kindern. Als die<br />

Befreiung kam, ist Vater <strong>von</strong> den Binnenlandse Strijdkrachten* verhaftet<br />

worden. Er ist erst einige Wochen später wieder nach Hause gekommen<br />

und wurde danach wieder festgenommen. Das erste Mal saß<br />

er in einem Ort in der Nähe gefangen, das zweite Mal wurde er ins<br />

Lager Westerbork gebracht. Ende Mai 1945 ließen sie Vater wieder<br />

laufen. Und am 9. Juni 1945 ist Vater verstorben. Er scheint eine Lungenkrankheit<br />

gehabt zu haben. Als mein Vater 1947, wohlgemerkt<br />

posthum, verurteilt wurde, dachte ich wirklich, dass mein Vater ein<br />

Schurke gewesen sei. Ich dachte, dass das, was er getan hatte, wohl<br />

sehr schlimm gewesen sein müsse, denn sonst hätten sie ihn doch<br />

nicht nach seinem Tod noch vor Gericht gezerrt. So habe ich das da-<br />

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