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Regionale Schulgeschichte - oops - Carl von Ossietzky Universität ...

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ich versprach, das nicht noch einmal zu tun. Ich durfte zwar gehen,<br />

aber ich bekam Hausarrest. Ich musste bei meiner Oma zu Hause bleiben.<br />

Jahre später sah ich den Mann, der mich damals befragt hatte, auf dem<br />

Markt. Ich habe mein Fahrrad vor ihn hingestellt und zu ihm gesagt:<br />

‚Kennst du mich noch?‘ Er sagte: ‚Nein.‘ Ich sagte: ‚Ich kenne dich<br />

aber, wie konntest du <strong>von</strong> einem Kind verlangen, dass es seine Mutter<br />

nicht mehr grüßen sollte?‘ Schließlich hat er zugegeben, dass er damals<br />

ganz fout war. Nach vierzig Jahren habe ich auch noch einmal<br />

ein Gespräch gehabt mit jemandem, der damals auch im Lager arbeitete.<br />

Von diesem Mann war ich sehr enttäuscht. Er war, wohlgemerkt,<br />

damals Lehrer an der Sonntagsschule. Aber mit ihm habe ich viele<br />

Jahre später, doch noch ein ganz gutes Gespräch geführt.<br />

Durch die Lagerperiode ist eine Entfremdung zwischen meinen Eltern<br />

entstanden. Mutter hat nicht so lange gesessen wie Vater und sie<br />

musste, als sie freikam, außer Haus arbeiten, um Geld zu verdienen.<br />

Der Laden, den wir vorher hatten, war einer in einem Mietshaus, das<br />

inzwischen an andere vermietet worden war. Wir haben ihn nicht zurückerhalten.<br />

Wir haben aber noch etwas Hausrat und auch etwas<br />

Kleidung zurückbekommen. Die Sachen waren eingelagert. Die<br />

Leibwäsche und andere Kleidung befanden sich in einem Keller im<br />

Rathaus. Und der Hausrat war in einem Schuppen abgestellt. Ich hatte<br />

eine Liste unserer Sachen aufgestellt. Ich meine, ich kann mich daran<br />

erinnern, dass ich den Hausrat und die Kleidung abholen konnte,<br />

nachdem ich eine Unterschrift des Direktors des Finanzamtes unter<br />

meine Liste bekommen hatte.<br />

Als Mutter nach anderthalb Jahren Gefangenschaft wieder aus dem<br />

Lager herauskam, wurde sie Haushälterin bei dem Leiter einer Grundschule<br />

in einem benachbarten Dorf. Als Vater freikam, wohnte Mutter<br />

also bei diesem Schulmeister. Vater ist dann nach Amsterdam gegangen,<br />

weil seine Mutter und seine Geschwister dort wohnten. Mutter<br />

wollte erst zu Vater zurück, aber sie hatte es bei diesem Volksschullehrer<br />

ganz gut und hat ihn später geheiratet. Vater begegnete in<br />

Amsterdam auch einer anderen Frau. Sie hatte einen Milch- und<br />

Kräuterladen. Sie wurde meine spätere Stiefmutter. Ich habe mich<br />

ganz schlimm mit meiner Mutter zerstritten. Ich hätte viel lieber gesehen,<br />

dass Mutter wieder zu Vati gegangen wäre.“<br />

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