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Regionale Schulgeschichte - oops - Carl von Ossietzky Universität ...

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220<br />

sagt. Vaters Bruder wollte nichts <strong>von</strong> der NSB wissen, hat aber später<br />

auch für meinen Vater plädiert. Gott sei Dank sind die Familienverhältnisse<br />

immer gut geblieben. Vater hat noch einem jungen Mann<br />

geholfen, der im Rahmen des Arbeitseinsatzes* nach Deutschland gehen<br />

musste. Er hat auch einem Arzt zu Papieren verholfen, und so gab<br />

es viele Dinge mehr. Meine Mutter hat diese Menschen später gebeten,<br />

für Vater auszusagen. Das Schlimme war, dass sie da<strong>von</strong> dann<br />

nichts mehr wissen wollten.<br />

Vater hat vier Jahre sitzen müssen. Er hatte eigentlich fünf Jahre bekommen,<br />

wurde aber beim Regierungsantritt <strong>von</strong> Königin Juliana begnadigt.<br />

Glücklicherweise musste meine Mutter nicht ins Lager.<br />

Ich entdeckte eigentlich erst in der Grundschule, dass mein Vater bei<br />

der NSB gewesen war. Die Kinder schikanierten mich. Sie zogen<br />

mich vom Fahrrad und dann beschimpften sie mich und nannten mich<br />

einen ‚dreckigen NSBer‘. Der Lehrer und die Lehrerinnen waren distanziert<br />

mir gegenüber, zumindest habe ich das so empfunden. Auf der<br />

weiterführenden Schule, der ULO*, wurde ich schikaniert, meine älteste<br />

Schwester auch. Dann ist meine Mutter einmal zur Schule gegangen<br />

und hat sich beschwert. Später hatte ich manchmal Hassgefühle.<br />

Ich war Krankenschwester und habe schon mal gedacht: ‚Wenn<br />

dieser Typ irgendwann mal im Krankenhaus liegt, dann werde ich ihm<br />

eine Spritze ins Bein verpassen ...‘<br />

Zu Hause wurde nicht oft darüber gesprochen. Wenn mein Vater aß<br />

oder wenn er viel redete, lief ihm immer der Schweiß vom Gesicht<br />

runter. Und wenn wir Gäste hatten, sollten wir aufpassen, dass sie<br />

meinen Vater nicht danach fragten, was los war. Wir Kinder hatten<br />

dazu Anweisungen bekommen. Sobald irgendjemand meinen Vater<br />

fragen würde, was los war, mussten wir auf ein anderes Thema übergehen.<br />

Vater hatte diese Qual nämlich aus seiner Lagerzeit zurückbehalten.<br />

Er war im Lager derart geschlagen worden, dass seine Schläfen<br />

gebrochen waren.<br />

Zuerst wurden nach der Befreiung sowohl meine Mutter als auch mein<br />

Vater festgenommen. Meine Mutter nahm mich im Kinderwagen mit,<br />

meine Schwestern wurden bei Bekannten untergebracht. Vor den Familien,<br />

die meine Schwestern aufgefangen haben, habe ich viel Respekt.<br />

Sie hatten keine Angst, das Kind eines NSBers in ihrem Haus<br />

aufzunehmen.<br />

Meine Mutter durfte eigentlich gleich wieder gehen, aber sie durfte<br />

nicht zurück in ihre eigene Wohnung. Das war eine Mietswohnung,

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