alttestamentlichen Zitate Neuen Testament. - Licht und Recht
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62 Die <strong>alttestamentlichen</strong> <strong>Zitate</strong> in den Evangelien des Markus, Lukas <strong>und</strong> Johannes.<br />
Act. 26,21). Die LXX nahmen ןÅעÅי also im Sinne von ןtכ־לÅע. Der Sinn ist nun folgender: Der Geist<br />
des Herrn ruht auf mir; deshalb salbte er mich, d. h. den schon von der Geburt an mit dem Heiligen<br />
Geiste begabten Messias, begabte Jehova aufs Neue behufs Antritts seines Amtes mit dem Heiligen<br />
Geiste. Letzteres geschah bei der Taufe Jesu; es geschah nach dem Kanon, dass, wer da hat, dem<br />
wird gegeben, dass er die Fülle habe (Mt. 13,12).<br />
Was nun die Abweichungen zwischen dem Text des Lukas <strong>und</strong> dem Urtext wie der LXX betrifft,<br />
so sind sie so beträchtlich, dass Jesus jedenfalls ein Targum <strong>und</strong> nicht, wie man bisher stets gemeint,<br />
den Urtext oder gar die LXX in der Synagoge zu Kapernaum vor sich gehabt haben muss. Nach Tischendorfs<br />
Text ist der Satzteil, den der Urtext <strong>und</strong> die LXX haben: ἰάσασθαι τοὺς συντετριμμένους<br />
τὴν καρδίαν (d. h. zu heilen, die gebrochenen Herzens sind), im Text, den Lukas vor sich hat, ausgelassen.<br />
Hinter τυφλοῖς ἀνάβλεψιν schaltet der letztere Text die Worte: ἀπόστεῖλαι εθραυσμένους ἐν<br />
ἀφέσει ein, was an LXX Jes. 58,6 (ἀπόστελλε τεθραυσμένους ἐν ἀφέσει) anklingt. Endlich statt<br />
καλέσαι ἐνιαυτόν hat der Text, der Lukas vorlag, zu einem griechischen κηρῦξαι Anlass gegeben.<br />
Wie erklären sich nun die Abweichungen in jenem Text, den Lukas vor sich hatte <strong>und</strong> den wir in<br />
der Volksbibel finden?<br />
Cappellus, Quaestio de loc. parall. p. 537, sagt von der Herkunft der Worte καὶ τυφλοῖς<br />
ἀνάβλεψιν Folgendes. Er meint, dass das Sätzchen τυφλοῖς ἀνάβλεψιν dem ÅחוקxחÅקxפ םי ãרוסòאÅל am<br />
Schluss von Jes. 61,1 entspreche. Kimchi stimme für die Bedeutung des ÅחוקxחÅקxפ = oculorum apertio<br />
oder ἀνάβλεψιν Wir fügen hinzu, dass auch Schultens im Komm. zu Prov. 20,13 jenem Worte die<br />
Bedeutung protuberante acie emicat oculus vindicirt. Endlich bemerkt Delitzsch, 40 dass die Übersetzung<br />
der LXX in diesem Falle untadelig sei. Es wäre demnach םי ãרוסòא von den mit Blindheit Geb<strong>und</strong>enen<br />
zu verstehen. Cappellus meint sogar, die LXX hätten vielleicht םי ãרxוãע oder םיãרtוxנÅס in ihrem hebräischen<br />
Texte gelesen. Die zweite Möglichkeit nach Cappellus ist, dass das in Rede stehende<br />
Sätzchen ein Einschiebsel aus Jes. 42,6 (LXX: ἀνοῖξαι ὀφθαλμοὺς τυφλῶν) sei. Wir bleiben bei der<br />
ersteren Lösung, dass ÅחוקxחÅקxפ םי ãרוסòאÅל durch καὶ τυφλοῖς ἀνάβλεψιν („caecis ut videant“ nach Hieron.)<br />
von den LXX wiedergegeben ward.<br />
Um aber die Herkunft der dem Lukas-Text eigentümlichen Abweichungen zu erklären, statuieren<br />
wir Folgendes. Der Übersetzer der Volksbibel irrte hinter dem יãנÅחלxש ab auf das nächstfolgende Versteilchen<br />
רורxד םãיובxשãל אé רxקãל, weshalb also zunächst ein Teil des Verses fehlte. Ein Späterer schrieb an<br />
den Rand eine zweite, sehr freie Übersetzung von ÅחוקxחÅקxפ םי ãרוסòאÅל, nämlich: ἀποστεῖλαι<br />
τεθραυσμένους ἐν ἀφέσει, wobei er zugleich eine ihm geläufige Reminiszenz aus Jes. 58,6 passend<br />
anbringen zu können vermeinte. Diese Doublette nahm nun ein Dritter unbesehen in den Text auf,<br />
indem er sie für das im Vorigen ausgelassene Glied hielt. Ähnlich erklärt sich schon Grotius (zu den<br />
Worten ἀποστεῖλαι τεθραυσμένους ἐν ἀφέσει) das Entstehen dieses weder in den LXX, noch im Urtext<br />
begründeten Versteiles. Endlich entnimmt Lukas aus der Volksbibel ein κηρῦξαι, weshalb anzunehmen,<br />
dass dieselbe das Verbum ארק für das καλέσαι der LXX restituiert hatte, das Lukas sich<br />
nun passender als die LXX durch κηρῦξαι („durch Heroldstimme verkünden“) verdolmetschte. Das<br />
Jubeljahr ward durchs ganze Land von Herolden mittelst Posaunen angekündigt; daher ist bei Jesaja<br />
das Bild entnommen (s. Grotius).<br />
Nachdem der Herr Jesus diese Worte verlesen, setzte er sich, nach der jüdischen Gewohnheit, um<br />
über die Stelle zu lehren. Das Thema seiner Rede ist der Nachweis, dass heute diese Schrift vor ihren<br />
Ohren erfüllt ist, indem sie die Stimme Dessen vernehmen, von welchem Jesaja dort geweissagt<br />
hat. Gewiss eine direkt messianische Fassung der Prophetenworte Jesajas!<br />
40 Vergl. seine vortrefflichen Talmudischen Studien in der Zeitschrift für Luth. Theol. von Delitzsch <strong>und</strong> Guericke<br />
1876, 4. Heft, zu Lk. 4,19.