Evaluierung der 24h-Betreuung - Sozialökonomische ...
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<strong>Evaluierung</strong> 24-Stunden-<strong>Betreuung</strong><br />
Die fallrekonstruktive Forschung ist auf die empirische Strukturerschließung menschlicher<br />
Lebenspraxis, auf das Erkennen <strong>der</strong> einer sozialen Erscheinung („Fall“) zugrunde liegenden<br />
Struktureigenschaften gerichtet. Dabei wird davon ausgegangen, dass dem Einzelfall als<br />
soziale Einheit spezifische und allgemeine Sinnstrukturen inhärent sind. Die Beson<strong>der</strong>ung<br />
des Falls konstituiert sich dabei in <strong>der</strong> Auseinan<strong>der</strong>setzung mit den allgemeinen<br />
Regelhaftigkeiten in einem Prozess, in welchem <strong>der</strong> Fall aus einem Horizont <strong>der</strong> durch<br />
soziale Regeln objektiv gegebenen Möglichkeiten spezifische (auferlegte o<strong>der</strong> selbst<br />
gesteuerte) Wahlen trifft. Der fallrekonstruktiven Analyse <strong>der</strong> historischen Konkretion eines<br />
Einzelfalles kommt die Aufgabe zu, zu rekonstruieren, wie <strong>der</strong> Fall seine spezifische<br />
Wirklichkeit im Kontext allgemeiner Bedingungen konstruiert hat – also das übergreifende<br />
Muster/die Struktur <strong>der</strong> fallspezifischen Wahlen bzw. Selektionen, die <strong>der</strong> Fall aus den<br />
eröffneten Handlungsmöglichkeiten vornimmt, in seiner/ihrer Reproduktions- und<br />
Transformationsgesetzlichkeit herauszuarbeiten.<br />
Ziel <strong>der</strong> Fallrekonstruktion ist die Entwicklung einer Fallstruktur, die das Muster des<br />
fallspezifischen Selektionsprozesses, die ‚regelhaft-habituelle Weise‘, wie <strong>der</strong> Fall seine<br />
Umgebung wahrnimmt, diese deutet und handelnd in sie eingreift übergreifend kennzeichnet,<br />
die Relationen zwischen den vielgestaltigen Äußerungen eines Falles aufzeigt und die<br />
verschiedenen Sinnelemente, die den jeweiligen Fall kennzeichnen, konsistent miteinan<strong>der</strong><br />
verknüpft. (siehe Fabel-Lamla / Tiefel 2003:o.S).<br />
8.4.1 Fall 1: Die überfor<strong>der</strong>ten Haushaltshilfen<br />
Frau K106 . und ihr Mann lebten in einem kleinen Haus, das sie sich nach dem Krieg aus ihren<br />
dürftigen finanziellen Mitteln selbst aufbauten und das mit seinem großen Garten ihr ganzer<br />
Stolz war. Beide fuhren in <strong>der</strong> Pension ehrenamtlich viele Jahre mit <strong>der</strong> Rettung und<br />
vernachlässigten dadurch an<strong>der</strong>e soziale Kontakte. Herr K. war ein rüstiger Mann, allerdings<br />
rauchte er sehr viel. Er hatte bereits ein künstliches Hüftgelenk und eine Blasenkrebs-<br />
Operation hinter sich, kümmerte sich aber dennoch eifrig um den Garten. Als beide auf die<br />
80 zugingen, kamen sie mit <strong>der</strong> Hausarbeit nicht mehr allein zurecht. Über Mundpropaganda<br />
erfuhren sie von slowakischen Frauen, die gegen Bezahlung „Mädchen für alles“ spielen und<br />
haushälterische Tätigkeiten übernehmen.<br />
Über eine slowakische Personenbetreuerin aus dem Ort wurden 2 Frauen gefunden, die<br />
auch bei Herrn und Frau K. tätig wurden. Sie halfen seitdem im Haushalt, beim<br />
Wäschewaschen, Kochen und Sauberhalten. Körperpflege konnten Herr und Frau K. noch<br />
vollständig selbst durchführen und die beiden Betreuerinnen hatten viel Freizeit und trafen<br />
sich häufig mit Kolleginnen im Ort. Mit einer <strong>der</strong> beiden Damen kamen Josef und Karoline K.<br />
trotz mehrerer vermitteln<strong>der</strong> Gespräche nicht zurecht und so musste – wie<strong>der</strong> über<br />
Mundpropaganda – eine neue Betreuerin gefunden werden. Die eine <strong>der</strong> beiden konnte<br />
mittlerweile relativ gut deutsch und versuchte, bei <strong>der</strong> Suche zu helfen.<br />
Im Herbst 2004 verschlechterte sich <strong>der</strong> Gesundheitszustand von Herrn K. massiv, es<br />
wurden Hirnmetastasen festgestellt. Seine Beweglichkeit und sein Gesamtzustand<br />
verschlechterten sich rapide. Er wurde bettlägerig und war sowohl bei <strong>der</strong><br />
106 Der Namen ist willkürlich gewählt, <strong>der</strong> rekonstruierte Fall ist konkret<br />
Endbericht 113