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Evaluierung der 24h-Betreuung - Sozialökonomische ...

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<strong>Evaluierung</strong> 24-Stunden-<strong>Betreuung</strong><br />

bzw. nur unter genauso großen Opfern bewältigt wie heutige Familien. Auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite<br />

bedeutet „lange Pflegesequenz“ nichts an<strong>der</strong>es als die Tatsache, dass wir immer älter<br />

werden (können). Aber höheres Alter ist oft mit länger andauern<strong>der</strong> Hilfs- und<br />

Pflegebedürftigkeit verbunden (siehe z.B. Münz 2004:2ff). Der Befund ist daher<br />

wi<strong>der</strong>sprüchlich wie die gesamte Pflegesituation: längeres Leben und höhere Belastungen,<br />

für die betroffene Person selbst und für ihr familiäres Umfeld.<br />

Zweitens sollte nicht vergessen werden, dass Pflege- und <strong>Betreuung</strong>sbedarf noch vor<br />

einigen Jahrzehnten für viele Familien ein Synonym für „Armut“ war. Die<br />

Sozialberichterstattung <strong>der</strong> siebziger und frühen achtziger Jahre hat wie bereits die<br />

Armutsenquete <strong>der</strong> Bundesregierung im Jahr 1979 deutlich gemacht: Eines <strong>der</strong> größten<br />

Armutsrisiken für Familien ist die Pflegebedürftigkeit eines Familienmitgliedes (siehe BMS<br />

1979). Erst die Pflegevorsorge des Jahres 1993 hat einen wesentlichen Beitrag gegen Armut<br />

in Familien mit Pflegebedarf geleistet. Seitdem wird das Pflegerisiko nicht mehr nahezu<br />

zwangsläufig zum Armutsrisiko <strong>der</strong> betroffenen Familie. Aber auch dieser Befund ist<br />

wi<strong>der</strong>sprüchlich: Die Pflegevorsorge stellt den betroffenen Personen und ihren Familien<br />

neben einem vielfältigen (und bis zum Jahr 2010 bundesweit flächendeckend ausgebautem)<br />

Angebot stationärer, teilstationärer und mobiler Dienste jene Geldmittel zur Verfügung, die<br />

individuelle Arrangements zur Abdeckung des nötigen Pflege- und <strong>Betreuung</strong>sbedarfes<br />

ermöglichen11 . Aber die Sätze reichen nicht, um alle Elemente dieser nötigen Arrangements<br />

auf dem regulierten Markt legaler Dienstleistungen kaufen zu können und es ist vermutlich<br />

eine Illusion zu meinen, dies wäre jemals möglich (siehe z.B. Kytir/Münz 1992).<br />

Drittens bedeutet <strong>der</strong> Anstieg <strong>der</strong> Erwerbsbeteiligung <strong>der</strong> Frauen, auf <strong>der</strong>en Schultern<br />

traditionell die Hauptlast <strong>der</strong> Pflegearbeit gelegen hat und liegt (Badelt et.al 1997:105ff), dass<br />

es mit diesem Anstieg <strong>der</strong> weiblichen Erwerbsbeteiligung weniger Spielraum für familiäre<br />

Rund-um-die-Uhr-<strong>Betreuung</strong> und -Pflege gibt. Aber auch hier ist <strong>der</strong> Befund wi<strong>der</strong>sprüchlich,<br />

denn es ist nicht so sehr ein Anstieg <strong>der</strong> Erwerbsquote über den gesamten Verlauf <strong>der</strong><br />

Erwerbsbiografie (was ja Beleg für die Hypothese eines „hedonistischen Lebenswandels“,<br />

dem zusätzliches Einkommen wichtiger sei als die Verantwortung in <strong>der</strong> Familie), <strong>der</strong><br />

familiäre Pflege, denn dieser Anstieg <strong>der</strong> weiblichen Erwerbsquote ist einher gegangen mit<br />

einer deutlichen Zunahme weiblicher Teilzeitbeschäftigung und mit längeren Arbeitspausen,<br />

etwa durch die Verlängerung des Karenzurlaubes. Es ist die Anhebung des faktischen<br />

Pensionsanfallsalters, das hauptsächlich neue Probleme <strong>der</strong> Unvereinbarkeit von<br />

Erwerbstätigkeit und Pflege schafft. Denn <strong>der</strong> Großteil <strong>der</strong> in <strong>der</strong> Familie Pflegearbeit<br />

leistenden Frauen ist älter als 50 Jahre (Badelt, 1997:105ff). Mit einem Anstieg des<br />

faktischen und (ab dem Jahr 2018) gesetzlichen Pensionsalters ist das Risiko, nach dem<br />

Ausscheiden aus dem Erwerbsleben wegen <strong>der</strong> Übernahme einer Pflegeverantwortung<br />

danach Jahre <strong>der</strong> Erwerbslosigkeit in Kauf nehmen zu müssen12 , deutlich gestiegen. Somit<br />

wird die Option, wegen <strong>der</strong> Pflege eines/einer nahen Angehörigen zu Hause zu bleiben,<br />

immer unrealistischer.<br />

11 Eines <strong>der</strong> schönsten Stücke österreichischer Gesetzesprosa, <strong>der</strong> § 1 des Bundespflegegeldgesetzes formuliert das Ziel, „die<br />

Möglichkeit zu verbessern, ein selbstbestimmtes, bedürfnisorientiertes Leben zu führen“<br />

12 Die Chancen älterer Frauen, nach einer längeren Abwesenheit vom Arbeitsmarkt wie<strong>der</strong> erwerbstätig sein zu können, sind<br />

relativ klein (vgl. etwa BMAGS 1999:68ff)<br />

Endbericht 19

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