Evaluierung der 24h-Betreuung - Sozialökonomische ...
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<strong>Evaluierung</strong> 24-Stunden-<strong>Betreuung</strong><br />
politischen Diskurs um die Pflegevorsorge fe<strong>der</strong>führend 15 waren und eine möglichst<br />
umfassende, aber wenig regulierte (finanzielle) Absicherung ihrer Unterstützungs- und<br />
Pflegebedürfnisse gefor<strong>der</strong>t haben, um in hohem Grad selbstbestimmt leben zu können,<br />
hatte die dann letztendlich 1993 beschlossene Lösung von Anfang an eine stark medizinisch<br />
ausgeprägte Orientierung. Die Definition <strong>der</strong> Pflegegeldstufen und die<br />
Einstufungsverordnung gehen weitgehend von körperlichen und geistigen Defiziten,<br />
Sinnesbehin<strong>der</strong>ungen und psychischen Erkrankungen aus, die einer – im weitesten Sinne –<br />
pflegerischen Unterstützung 16 bedürfen. Die Abdeckung sozialer und kultureller Bedürfnisse<br />
pflege- und unterstützungsbedürftiger Personen werden in <strong>der</strong> Einstufung kaum<br />
berücksichtigt. Ebenso problematisch ist bislang die Einstufung von demenzkranken<br />
Menschen, bei denen ebenfalls an<strong>der</strong>e Aspekte als nur <strong>der</strong> körperliche Zustand<br />
berücksichtigt werden müssen 17 .<br />
Die wesentlichen Probleme <strong>der</strong> ab dem Sommer 2006 offen geführten Diskussion um die<br />
Legalisierung außerfamiliärer <strong>Betreuung</strong>skräfte (und die Kosten dieser Legalisierung) waren<br />
also bereits in <strong>der</strong> prinzipiellen Fundierung <strong>der</strong> Pflegevorsorge angelegt, allerdings vor dem<br />
Hintergrund damals an<strong>der</strong>er Rahmenbedingungen: 1993 waren die Sozialen Dienste noch<br />
kaum ausgebaut, die häusliche Pflege wurde zu einem Großteil von Angehörigen o<strong>der</strong> durch<br />
Nachbarschaftshilfe erbracht und zwar in <strong>der</strong> Regel unentgeltlich 18 . Erst die durch das<br />
Pflegegeld vergrößerte Entscheidungsautonomie und damit Nachfrage nach Zukauf von<br />
Pflegedienstleistungen und an<strong>der</strong>en Unterstützungen haben ein ausdifferenziertes Angebot<br />
legaler, halblegaler und nicht legaler Dienstleistungsangebote in den verschiedensten<br />
Formen geschaffen 19 .<br />
6.2.2 Ungeregelter über die Pflege hinausgehen<strong>der</strong> <strong>Betreuung</strong>sbedarf<br />
Der über den Pflegebedarf hinaus gehende <strong>Betreuung</strong>sbedarf findet in <strong>der</strong> Einstufung zum<br />
Pflegegeld keinen Raum, da es sich dabei ja nicht um „Pflege“ handelt. Für den über Pflege<br />
hinausgehenden <strong>Betreuung</strong>s- und Hilfebedarf gibt es daher bei <strong>der</strong> Pflegegeld-Einstufung<br />
auch keinen „pauschalierten Beitrag“ zur teilweisen Abgeltung von Mehraufwendungen.<br />
Wahrscheinlich war (und ist) dieser Kompromiss notwendig, um die Pflegevorsorge, die bei<br />
einer Ausweitung über die Pflege hinaus auf die Absicherung von <strong>Betreuung</strong> erheblich teurer<br />
gekommen wäre, überhaupt beschließen (und finanzieren) zu können. Daraus ergibt sich<br />
zumindest implizit eine Verantwortungsteilung: Für die Pflege ist die Pflegevorsorge des<br />
Bundes und <strong>der</strong> Län<strong>der</strong> (pauschalierte Geld- und Sachleistungen) zuständig, für darüber<br />
hinaus gehende <strong>Betreuung</strong>sbedürfnisse ist (weiterhin) die betroffene Person und ihre Familie<br />
verantwortlich.<br />
Seit Einführung des Pflegegeldes im Jahr 1993 sind jedoch wesentliche Verän<strong>der</strong>ungen zu<br />
beobachten, die einerseits direkt mit <strong>der</strong> Pflegevorsorge zusammenhängen (<strong>der</strong> Ausbau<br />
15<br />
So hat allein <strong>der</strong> Österreichische Zivilinvalidenverband (ÖZIV) im Vorfeld <strong>der</strong> Pflegegeldregelung binnen kurzer Zeit 60.000<br />
Unterschriften zur Unterstützung seiner For<strong>der</strong>ung gesammelt.<br />
16<br />
Eine Reminiszenz an den – 1993 durch die Pflegevorsorge abgelösten – alten Hilflosenzuschuss, bei dem „Wartung und<br />
Hilfe“ als Anspruchsvoraussetzung formuliert ist, drängt sich hier auf<br />
17<br />
Hier wird es nach <strong>der</strong> <strong>der</strong>zeit (Sommer 2008) im BMSK vorbereiteten Novelle zum BPGG erhebliche Verbesserungen geben<br />
18<br />
siehe z.B. Hovorka et.al. 1997<br />
19<br />
Dieser Zusammenhang ist noch sehr wenig erforscht (vgl. z.B. Behning 1999), hier bestünde seitens <strong>der</strong><br />
Sozialwissenschaften großer Nachholbedarf.<br />
Endbericht 23