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Johann Nepomuk Nestroy Tradizione e trasgressione a cura di ...

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Sigurd Paul Scheichl<br />

bei negativem Vorurteil aus der Gesellschaft ausgestoßen, bei positivem<br />

Vorurteil integriert werden und sozial aufsteigen können. 14<br />

Er hat selbstverständlich Recht. Nur: Alles, was er über <strong>di</strong>e satirische<br />

Zielsetzung <strong>Nestroy</strong>s in <strong>di</strong>eser Posse sagt, gilt Wort für Wort auch für<br />

Dupeuty und de Courcy, <strong>di</strong>e übrigens an Schlüssigkeit der psychologischen<br />

Motivierung der Figuren <strong>Nestroy</strong> übertreffen – nach denen aber<br />

heute kein literarhistorischer Hahn mehr kräht. Die häufig recht trivialen,<br />

doch gut konstruierten15 Komö<strong>di</strong>en, <strong>di</strong>e <strong>Nestroy</strong> für seine Stücke verwertet<br />

hat, haben ja durchwegs auch satirischen Charakter; ganz ohne Satire<br />

kommt wohl kein Lustspiel aus. Doch der Witz des Bonaventure wie des<br />

Homme blasé und der anderen von ihm umgearbeiteten Stücke richtet sich<br />

gegen menschliche Schwächen, <strong>di</strong>e zeitlos sind – wie eben das Vorurteil,<br />

sei es gegen eine Haar-, sei es, nicht bei <strong>Nestroy</strong>, gegen eine Hautfarbe.<br />

Cersowsky spricht in seiner Analyse ganz richtig von einer Motivkonstellation<br />

«überzeitlicher, allgemein menschlicher Art» 16 .<br />

Solchen Hohn gegen anthropologische Konstanten, gegen «zeitlose<br />

Schwäche» 17 können wir nur noch schwer als satirisch klassifizieren. So<br />

scharf ist <strong>Nestroy</strong>s Charakterisierungskunst nicht, daß wir wegen der von<br />

ihm vorgestellten Typen – der heiratstollen Witwen etwa – noch immer<br />

ins Theater gingen. Wir erkennen heute ein anderes Objekt seiner satirischen<br />

Aggression, das mehr Aktualität bewahrt – oder gewonnen? – hat<br />

als <strong>di</strong>e überzeitlichen Typen des Komö<strong>di</strong>enwitzes.<br />

Metho<strong>di</strong>sch wird man <strong>di</strong>eser veränderten Zielsetzung der Satire bei<br />

dem Wiener Vorstadtdramatiker am nächsten kommen, wenn man vom<br />

Abstand zwischen Madame Larose und Flora Baumscheer ausgeht, von<br />

dem, was <strong>Nestroy</strong> zu Fabel und Figurenkonstellation seiner Vorlagen<br />

hinzu gegeben hat.<br />

Aus darstellungstechnischen Gründen werde ich mich auf den Talisman18<br />

beschränken und versuchen, an <strong>di</strong>esem Beispiel zu zeigen, wie<br />

14 Peter Cersowksy: <strong>Johann</strong> <strong>Nestroy</strong>, a.a.O. (wie Anm. 12), S. 70.<br />

15 Für den Zerrissenen hat deshalb Joe Reese: Der Zerrissene and L’Homme blasé: A Closer<br />

Look at <strong>Nestroy</strong>’s Source. In: Modern Austrian Literature 23/1 (1990), S. 55-67, sogar<br />

<strong>di</strong>e Ansicht vertreten, <strong>di</strong>e Vorlage sei eigentlich das bessere Stück als <strong>di</strong>e Posse<br />

<strong>Nestroy</strong>s.<br />

16 Peter Cersowksy: <strong>Johann</strong> <strong>Nestroy</strong>, a.a.O. (wie Anm. 12), S. 78.<br />

17 Franz H. Mautner: <strong>Nestroy</strong>, a.a.O. (wie Anm. 10), S. 105. Mautner empfindet <strong>di</strong>ese<br />

Motive als satirisch.<br />

18 Alle Zitate aus HKA: Stücke 17/1. Der Talisman. Hg. von Jürgen Hein und Peter<br />

Haida. Wien 1993. Die Nachweise gebe ich im fortlaufenden Text mit der Angabe von

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