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Johann Nepomuk Nestroy Tradizione e trasgressione a cura di ...

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Reinhard Urbach<br />

Erst im 18. Jahrhundert wurde das Interesse bei den Schauspielern<br />

wach, <strong>di</strong>e des Wanderns müde waren, und dem Publikum, das den Menschen<br />

als Vernunftwesen auch auf dem Theater sehen wollte, den künstlerischen<br />

Transformationsprozeß vom Nachahmen zum Vormachen zu<br />

verkürzen und den Menschen auf der Bühne so zu zeigen, wie er wirklich<br />

ist.<br />

Das Übernatürliche wurde von der Bühne verbannt, das Unnatürliche<br />

wurde verboten. Übrig blieb das Natürliche. Es wurde zum Fetisch, zum<br />

Maßstab, an dem sich alle Darstellung zu messen hatte.<br />

Der Theatermacher Conrad Ekhof hält eine Rede: «Die Schauspielkunst<br />

ist: durch Kunst <strong>di</strong>e Natur nachahmen, und ihr so nahe kommen,<br />

daß Wahrscheinlichkeiten für Wahrheiten angenommen werden müssen,<br />

oder geschehene Dinge so natürlich wieder vorstellen, als wenn sie jetzt<br />

erst geschehen» 1 .<br />

Vergebens rüttelten Goethe und Schiller mit ihrer Auffassung vom<br />

Deklamieren gebundener Rede, von klassisch chorischer Stilisierung an<br />

<strong>di</strong>esem neuen Dogma. Vergebens brachten <strong>di</strong>e Romantiker ihr «ja – aber»<br />

ein (Ja zur Natur – aber sind <strong>di</strong>e Träume nicht auch Natur, gehört das<br />

Wunderbare nicht auch zur Wirklichkeit?).<br />

Der Realismus setzte sich durch und beherrschte für 150 Jahre <strong>di</strong>e<br />

theatralische Ästhetik (heute noch rühmen gelegentlich Kritiker und <strong>di</strong>e<br />

ihnen hörigen Zuschauer <strong>di</strong>e angebliche Natürlichkeit eines Schauspielers,<br />

womöglich sogar eines <strong>Nestroy</strong>-Schauspielers). Natürlichkeit der Mimesis<br />

wurde zum höchsten Wert, zum anstrebenswerten Ziel des Theatermachens.<br />

Ästhetisch bedeutete das: Abbild. Aber es gab Einschränkungen. Nicht<br />

alles sollte abgebildet werden, der status quo galt nicht als erhaltenswert.<br />

Das Falsche, Böse, Häßliche mußte überwunden werden zugunsten des<br />

Wahren, Guten und Schönen. Moralisch bedeutete das: Das Theater hat<br />

Vorbild zu sein.<br />

Diese Einstellung zum Sinn und Zweck des Theaters war kein Wunsch<br />

einzelner wohlmeinender Aufklärer, keine Marotte einzelner mimetisch<br />

begabter Komö<strong>di</strong>anten, <strong>di</strong>e das Nachäffen veredeln wollten. Nein, es war<br />

ein Befehl. Von allerhöchster Stelle. Zuwiderhandeln wurde bestraft.<br />

Die Vielfalt der Formen des Grotesken, Obszönen, Ungebär<strong>di</strong>gen,<br />

aber auch alles Spontane, Improvisierte, Extemporierte wurden gleichge-<br />

1 Zitiert nach Gerhart Ebert: Der Schauspieler. Geschichte eines Berufes. Berlin<br />

1991, S. 168f.

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