07.10.2013 Aufrufe

Johann Nepomuk Nestroy Tradizione e trasgressione a cura di ...

Johann Nepomuk Nestroy Tradizione e trasgressione a cura di ...

Johann Nepomuk Nestroy Tradizione e trasgressione a cura di ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

38<br />

Jürgen Hein<br />

In Theaterg’schichten [...] verschränkt <strong>Nestroy</strong> wie häufig im Spätwerk in<br />

artistischer Weise Berufswelt mit dem “Theater” des bürgerlichen Lebens,<br />

oder, wie es Damisch in I, 6 formuliert: er konfrontiert den «Begeisterungstempel»<br />

mit dem «schnöde[n] Wirthschaftsleben» 41 . Daß <strong>Nestroy</strong><br />

sich nach dem Tode Karl Carls noch im gleichen Jahr selbst in der Rolle<br />

eines Theater<strong>di</strong>rektors fand, konnte er nicht ahnen. Die Posse stellt eine<br />

Modellwelt dar: Das Theater erscheint als “Lebenswelt” und umgekehrt<br />

das Leben als “Theater”. <strong>Nestroy</strong> zeichnet seine Berufswelt in theatralischer<br />

Karikatur, lenkt darüber hinaus den Blick auf <strong>di</strong>e Kluft zwischen<br />

(Spieß-)Bürgerlichkeit und Kunst. Die Theater-Paro<strong>di</strong>e gewinnt eine tiefere<br />

Dimension; sie bietet mit der Spiegelung des Publikums vor und auf<br />

der Bühne und mit Anspielungen auf den Alltag ein fast schrankenloses<br />

Theatervergnügen. In realistischer Abbildung des Vorstadttheaterbetriebs<br />

zeigt das Theater sein Janusgesicht als Spiel und Geschäft. Die respektlose<br />

Verwertung des hohen Dramas – Franz Grillparzers Sappho – demonstriert<br />

exemplarisch den Umgang der Vorstadtbühnen mit der “Literatur”.<br />

Es handelt sich um Satire auf Dilettanten- und Sommerbühnen-Unterhaltung,<br />

nicht um <strong>di</strong>e Paro<strong>di</strong>e des “Nachklassikers” Grillparzers. <strong>Nestroy</strong><br />

greift dessen zentrales Thema – den Konflikt der Künstlerproblematik mit<br />

den Forderungen bürgerlicher Welt – im Me<strong>di</strong>um der Posse auf. Er zitiert<br />

gewissermaßen den schon von Grillparzer in <strong>di</strong>e Welt des 19. Jahrhunderts<br />

hineingeholten Stoff und bereichert ihn durch typische Motive<br />

der Theatromanie an, <strong>di</strong>e er z.T. aus seiner Vorlage gewinnt. Dabei geht es<br />

um mehr als um geheilte Theaterwut: Der Entwurftitel Eines Dummkopfs<br />

Leidenschaften akzentuiert in<strong>di</strong>viduelle Verirrung, der endgültige deutet auf<br />

<strong>di</strong>e Kräfte – Liebe, Intrigue, Geld und Dummheit –, <strong>di</strong>e das Theater “regieren”<br />

– wie <strong>di</strong>e Lebenswelt. Gesellschaftliches und künstlerisches Rollenspiel in<br />

seinen Möglichkeiten der Selbstverwirklichung, aber auch seinen Gefahren<br />

des Wirklichkeitsverlustes sind hier miteinander verbunden. Die Posse<br />

verschärft <strong>di</strong>e Problematik von Alltag und Illusion, Theater und Leben;<br />

der Titel nennt <strong>di</strong>e wichtigsten Problemfelder des wirklichen wie des<br />

Theaterlebens. Alle Formen der Theaterbegeisterung, Theaterleidenschaft<br />

bis hin zum Theaterhaß werden durchgespielt, und Stößl, der streng zwischen<br />

Arbeit, Kunst und «reiner Comö<strong>di</strong>spielerey» (I, 2) unterscheidet,<br />

bringt den Konflikt zwischen Bürgertum und Theater auf den Punkt: «Ich<br />

beglück’ eine Famili und ruinier’ eine Comö<strong>di</strong>» (I, 11) 42 . Damisch, sein<br />

41 HKA: Stücke 33, S. 14.<br />

42 Ebd., S. 8 und 24.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!