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Johann Nepomuk Nestroy Tradizione e trasgressione a cura di ...

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<strong>Nestroy</strong> – der Schauspieler. Herkunft, Merkmale und Wirkung<br />

durch J. Kupelwieser (<strong>di</strong>e am selben Abend im Theater in der Josefstadt<br />

Premiere hatte wie Der Zerrissene, aber neben <strong>di</strong>esem nicht bestehen konnte).<br />

Dem reichen Lips ist langweilig, sein Leben hat keine Richtung, kein<br />

Ziel, rundum Einsamkeit auf der Höhe des Reichtums, Antriebsschwäche<br />

und Willenlosigkeit.<br />

Aber wäre er wirklich in der Lage, sich selbst zu durchschauen?<br />

<strong>Nestroy</strong> greift zu einem Trick, der geeignet ist, <strong>di</strong>e Langeweile spannend<br />

zu machen. Er nimmt eine Persönlichkeitsspaltung vor.<br />

Es ist nicht eigentlich Lips, der das Auftrittslied singt, auch wenn er<br />

von sich als «Ich» spricht. Sondern ein Raisonneur, der ihn charakterisiert.<br />

Lips wird nicht vorgeführt, sondern erklärt. <strong>Nestroy</strong> zerreißt <strong>di</strong>e Rolle<br />

in <strong>di</strong>e Figur Lips und dessen Reflexion über sich selbst. Er überläßt dem<br />

Publikum keine Entscheidung darüber, wie es sich auf <strong>di</strong>e Figur Lips einstellen<br />

könnte. Die Meinung, <strong>di</strong>e es sich über <strong>di</strong>e Figur bilden könnte,<br />

nimmt er vorweg. Er dominiert nicht nur seine Mitspieler, sondern auch<br />

<strong>di</strong>e Zuschauer.<br />

Für Lips braucht er <strong>di</strong>e dünne Handlung der französischen Vorlage. Als<br />

Raisonneur löst er sich von ihr und durchleuchtet Situation und Figur,<br />

macht sie zu Spielbällen seiner Kunst des sprachlichen Jonglierens.<br />

<strong>Nestroy</strong> hat sich nicht mit Lips und mit keiner anderen seiner Figuren<br />

je identifiziert.<br />

Alle seine Figuren sprechen <strong>di</strong>e gleiche Sprache. In der Wortwahl, im<br />

Sujet, im Berufsjargon sind sie verschieden, aber nicht in der Reflexionshöhe.<br />

Ob sie nun Schuster oder Handlungsgehilfe, Friseur oder Kapitalist,<br />

Buchhändler oder Kupferschmied sind. <strong>Nestroy</strong> legt keinen Wert darauf,<br />

solche Figuren (und Handlungen) zu erfinden, er greift sie auf und macht<br />

sie zu Sprache. Und nimmt sie den Figuren auch gleich wieder weg, denn<br />

<strong>di</strong>e Sprache ist seine Sprache, <strong>di</strong>e Sprache des Schauspielers <strong>Nestroy</strong>, der<br />

über alle Figuren triumphiert. Es ist ihm nicht darum zu tun, Fabeln zu erfinden,<br />

<strong>di</strong>e womöglich realistisch wären. Das sollen <strong>di</strong>e Verfasser von Lebensbildern<br />

und wienerisch gemeinten Lokalkomö<strong>di</strong>en tun. Seine Figuren<br />

sind nicht wirklich als Abbilder, sondern als Urbilder von im Grunde erbärmlichen<br />

oder erbarmungswür<strong>di</strong>gen Kreaturen, über <strong>di</strong>e er den überlegenen<br />

Sarkasmus seines grundsätzlich pessimistischen Witzes gießt.<br />

Nur ausnahmsweise dürfen sich Figuren <strong>di</strong>esen Witz zunutze machen,<br />

um anstelle des Autors, aber doch immer in der Rolle des Schauspielers<br />

<strong>Nestroy</strong> ihre Mitmenschen ihrer Miserabilität zu überführen. Schnoferl im<br />

Mädl aus der Vorstadt zum Beispiel.<br />

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