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Johann Nepomuk Nestroy Tradizione e trasgressione a cura di ...

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Was ist das eigentliche satirische Objekt <strong>Nestroy</strong>s?<br />

<strong>Nestroy</strong>s Veränderungen der und Eingriffe in <strong>di</strong>e Vorlage19 uns helfen<br />

können, <strong>di</strong>e Ziele oder das Ziel seiner Satire exakter zu bestimmen.<br />

Zunächst ist aber zu sagen, dass das Motiv “Vorurteil” in der Posse<br />

durch <strong>di</strong>e Fabel selbstverständlich präsent ist, also bei der Interpretation<br />

beachtet werden muss, obwohl es “nur” übernommen ist. <strong>Nestroy</strong> hat<br />

<strong>di</strong>eses Motiv sogar an mehreren Stellen ausgebaut; so gleich am Beginn (I,<br />

2), an dem <strong>di</strong>e Bauernburschen mit allen möglichen klischeehaften Witzen<br />

Salome zu kränken bemüht sind, und selbst ein besonders hässlicher Bursche<br />

sich «nicht wegwerffen», also nicht mit der Gänsehüterin tanzen will.<br />

Ebensowenig hat <strong>di</strong>e zuspitzende Formulierung in Titus’ Auftrittsmonolog<br />

(I, 5)<br />

das Vorurtheil is eine Mauer, von der sich noch alle Köpf <strong>di</strong>e gegen<br />

sie ang’rennt sind, mit blutige Köpf zurück gezogen haben.<br />

in Bonaventure ein genaues Äquivalent. Die Schlusspointe, in der Titus mit<br />

Salome für eine Vermehrung der Zahl der Rothaarigen zu sorgen verspricht,<br />

gehört ebenfalls zu <strong>di</strong>esem Ausbau des “überzeitlichen” Vorurteilsmotivs<br />

– immerhin an wichtigen Stellen der Posse: Beginn, Auftrittsmonolog<br />

der Hauptfigur, Schlussszene. Der Ausbau des übernommenen<br />

Motivs mag dramaturgische Gründe haben; dass <strong>di</strong>e an ihren Vorurteilen<br />

demonstrierte Dummheit der Opfer des hochstapelnden Aufsteigers <strong>Nestroy</strong><br />

sehr lächerlich vorgekommen ist und auf sein Publikum lächerlich<br />

wirken sollte, kann nicht bezweifelt werden.<br />

Eine Interpretation des Talisman wird also <strong>di</strong>e prinzipielle Kritik am<br />

Vorurteil auf jeden Fall einbeziehen müssen. Sie darf das Stück jedoch<br />

nicht auf <strong>di</strong>eses Thema reduzieren, das Stück nicht allein als Satire auf<br />

Vorurteile sehen.<br />

Ein zweiter Aspekt des Ausbaus gegenüber der Vorlage – von der<br />

Verwienerung des Stoffs und von der Wahl eines betont mündlichen Stils<br />

der Dialoge sehe ich hier einmal ab – ist im Talisman wie anderswo bei<br />

<strong>Nestroy</strong> der Sprachwitz, der sich fast unabhängig von satirischen Aspekten<br />

verselbststän<strong>di</strong>gt20 , zumal in der <strong>Nestroy</strong>-Rolle, aber nicht nur in ihr.<br />

Beispielsweise sagt Titus, bevor er <strong>di</strong>e Perücke erhält: «[...] er wird mir<br />

doch nicht für das, daß ich ihm seyn jung’s Leb’n g’rett’ hab ein alten Hut<br />

Akt und Szene. Nachweise aus dem Apparat stehen mit der Sigle Talisman und der Seitenzahl<br />

in den Anmerkungen. Manche e<strong>di</strong>torische Feinheiten sind in den Zitaten nicht<br />

berücksichtigt.<br />

19 Abgedruckt ebd., S. 379-398.<br />

20 W. E. Yates: <strong>Nestroy</strong>, a.a.O. (wie Anm. 9), S. 183f.<br />

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