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Johann Nepomuk Nestroy Tradizione e trasgressione a cura di ...

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Die <strong>Nestroy</strong>-Polemik des deutschen Vormärz<br />

mässheit» pochen – und das hätte ihrer politischen Position entsprechend<br />

doch wohl vor allem Zeitkritik bedeutet –, als Rezensenten des Volkstheaters<br />

in den Wiener Vorstädten blieben sie einem pädagogischen Optimismus<br />

verpflichtet.<br />

Nach <strong>di</strong>eser Überleitung sei nun auch das kurz illustriert. Ich wähle als<br />

Ausgangstext einen Brief von Gottfried Keller an Berthold Auerbach.<br />

Keller schrieb am 25. Juni 1860:<br />

Wir haben in der Schweiz aller<strong>di</strong>ngs manche gute Anlagen und, was<br />

den öffentlichen Charakter betrifft, offenbar jetzt ein ehrliches Bestreben,<br />

es zu einer anstän<strong>di</strong>gen und erfreulichen Lebensform zu<br />

bringen, und das Volk zeigt sich plastisch und froh gesinnt und gestimmt;<br />

aber noch lange ist nicht alles Gold, was glänzt; dagegen<br />

halte ich es für Pflicht eines Poeten, nicht nur das Vergangene zu<br />

verklären, sondern das Gegenwärtige, <strong>di</strong>e Keime der Zukunft so weit<br />

zu verstärken und zu verschönern, daß <strong>di</strong>e Leute noch glauben können,<br />

ja, das seien sie und so gehe es zu! Tut man <strong>di</strong>es mit einiger<br />

wohlwollender Ironie, <strong>di</strong>e dem Zeuge das falsche Pathos nimmt, so<br />

glaube ich, daß das Volk das, was es sich gutmütig einbildet zu sein<br />

und der innerlichen Anlage nach auch schon ist, zuletzt in der Tat<br />

auch äußerlich wird. 32<br />

Diese Position Kellers war exemplarisch für <strong>di</strong>e optimistische, «futurische»<br />

Spielart des poetischen Realismus. 33 Sie war wohl mitbestimmt von<br />

der Erfahrung einer für <strong>di</strong>e Schweiz positiv verlaufenden politischen Entwicklung<br />

seit 1848, aber grun<strong>di</strong>ert auch von Feuerbachs weltfrommer<br />

Ethik und von Anschauungen der Klassiker, vor allem Goethes. Für Keller<br />

typisch war der Anteil des Humors und der Ironie. Sie sind bei ihm ein<br />

Mittel gegen <strong>di</strong>e aller Pädagogik drohende philiströse Feierlichkeit und Pedanterie.<br />

Erst im späten Salander-Roman hat Keller <strong>di</strong>eses idealistische<br />

Prinzip preisgegeben.<br />

Die zitierte Äusserung Kellers gehörte zu einem ausgedehnten Diskurs<br />

über <strong>di</strong>e Aufgaben von Literatur und deren Verhältnis zum Publikum, der<br />

um 1850 herum begann und bis zum Ende des Jahrhunderts andauerte.<br />

Seine wichtigsten Organe waren <strong>di</strong>e von Julian Schmidt und Gustav<br />

32 Gottfried Keller: Gesammelte Briefe in vier Bänden. Hrsg. von Carl Helbling.<br />

Bern 1950, Bd. 3/2, S. 195. Keller hatte 1850 in Berlin zweimal <strong>Nestroy</strong>s Gastspiel besucht;<br />

vgl. zu seinen Urteilen <strong>di</strong>e Briefe an Hermann Hettner vom 16. September 1850<br />

und vom 4. März und 16. April 1851, ebd. S. 329-335 und S. 351-360.<br />

33 Vgl. Hugo Aust: Literatur des Realismus, a.a.O (wie Anm. 6), S. 22.<br />

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