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Johann Nepomuk Nestroy Tradizione e trasgressione a cura di ...

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Was ist das eigentliche satirische Objekt <strong>Nestroy</strong>s?<br />

Paro<strong>di</strong>e der Sprache der Oberschicht vorstellen («Das sind <strong>di</strong>e neuen<br />

metaphisischen Galanterien <strong>di</strong>e wier erst kriegt haben – »); das ändert<br />

nichts am Wesentlichen. Titus Feuerfuchs spricht hier – wiederum in<br />

einer gegenüber der Vorlage 30 ausgebauten Szene – im Grunde ohne jeden<br />

Bezug auf <strong>di</strong>e Realität, in der <strong>di</strong>e potentielle Gattin und er sich bewegen.<br />

Weder zu «stolz» noch zu «unbekannten Welten» gibt es im Kotext<br />

der Szene irgendeinen denkbaren Bezug; das Klischee hat sich von der<br />

Wirklichkeit völlig emanzipiert.<br />

Wie sehr der sprachgewandte Titus Feuerfuchs sich dem Sprechen einer<br />

Gesellschaft anpasst, in der es auf <strong>di</strong>e schöne Floskel weit mehr ankommt<br />

als auf den genauen Ausdruck eigener Erfahrungen, lässt sich an vielen<br />

Stellen zeigen; ich muss mich auf <strong>di</strong>eses und das folgende Beispiel beschränken,<br />

das er selbstreferentiell kommentiert: «[...] da thun’s <strong>di</strong>e Alltagsworte<br />

nicht, da heißt’s jeder Red’ a Fey’rtagsgwandl anzieh’n» (II, 17).<br />

TITUS (sich tiefverbeugend). Das ist der Augenblick den ich in gleichem<br />

Grade gewünscht und gefürchtet habe, dem ich so zu sagen mit<br />

zaghafter Kühnheit mit muthvollem Zittern entgegengesehen.<br />

FRAU v. CYPRESSENBURG. Er hat keine Ursache sich zu fürchten [...]<br />

Wo hat Er denn früher ge<strong>di</strong>ent?<br />

TITUS. Nirgends, es ist <strong>di</strong>e erste Blüthe meiner Jägerschaft, <strong>di</strong>e ich zu<br />

Ihren Füßen niederlege, und <strong>di</strong>e Livree, <strong>di</strong>e ich jetzt bewohne, umschließt<br />

eine zwar <strong>di</strong>enstergebene, aber bis jetzt noch unge<strong>di</strong>ente In<strong>di</strong>vidualität.<br />

Hier erscheint das ganze System der Rhetorik als floskelhaft: Die<br />

Oxymora «zaghafte Kühnheit» und «muthvolles Zittern» sind rhetorisch<br />

so korrekt wie für einen Jäger unpassend und verlogen; nicht anders steht<br />

es mit der obendrein höchst konventionellen Genitivmetafer von der «ersten<br />

Blüthe meiner Jägerschaft» und dem missglückten Bild von der «bewohnten»<br />

Livree. Dass <strong>di</strong>ese teilweise misslingende Sprache, <strong>di</strong>e Strukturen<br />

der Dichtungssprache auf den Alltag anwendet, in den sie nicht passen,<br />

bei der Adressatin höchsten Beifall findet – «Wie verschwenderisch er<br />

mit 20 erhabenen Worten das sagt was man mit einer Sylbe sagen kann!» –,<br />

spricht ebenfalls dafür, im Widerspruch zwischen den Konventionen der<br />

Rede und authentischen Gefühlen, dem Widerspruch zwischen der Stilebene<br />

des «Erhabenen» und den Situationen, in denen sie automatisiert<br />

gebraucht wird, das, ein Hauptziel der Satire <strong>Nestroy</strong>s zu sehen.<br />

30 Ebd., S. 390f.<br />

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