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Johann Nepomuk Nestroy Tradizione e trasgressione a cura di ...

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Martin Stern<br />

trauen gegen Menschen. Das ist entsetzlich, wie <strong>Nestroy</strong>, <strong>di</strong>eser an<br />

sich ja höchst talentvolle Darsteller, in seinem Spiel fast noch mehr<br />

als in seinen [literarischen M.St.] Produktionen dem sittlichen Grundgefühl<br />

und der gläubigen Naivität des Volkes Hohn spricht. [...] Es ist<br />

fürchterlich, eine Bevölkerung solchen blasierten Anschauungen<br />

überliefert zu sehen. 22<br />

Seiner moralischen Verurteilung <strong>Nestroy</strong>s lässt Gutzkow sodann <strong>di</strong>e<br />

Gründe folgen, warum <strong>di</strong>e Regierung solche Theater toleriere. Gutzkow<br />

erinnert seine Leser, dass auch in Rom zur Kaiserzeit sittliche Enthemmung<br />

und Despotie Hand in Hand gingen. Er folgert daraus, es sei wohl<br />

<strong>di</strong>e geheime Absicht des Metternichschen Systems, <strong>di</strong>e Volkstheater als<br />

Ventile zu benutzen. «Sybaritische Genußsucht» auch dem einfachen Volk<br />

einzuimpfen, sei das heimliche Ziel der Herrschenden in Wien, denn wer<br />

heiter vegetiere, rüttle niemals an den Säulen der Macht23 .<br />

Eine ähnliche Position wie Gutzkow nahmen hinsichtlich des Verhältnisses<br />

von Volksbühne und Volk auch <strong>di</strong>e nach 1848 konservativ gewordenen<br />

Wienkritiker ein. So war es für den 1849 zum Burgtheater<strong>di</strong>rektor<br />

avancierten Heinrich Laube in seinem Lebensrückblick klar, dass <strong>Nestroy</strong> zu<br />

jenen «Volksvergiftern» gehörte, welche an den Exzessen der Revolution<br />

von 1848 schul<strong>di</strong>g seien24 . Und auch der sonst weniger bestechliche<br />

Friedrich Hebbel, der <strong>Nestroy</strong>s Darstellungskunst durchaus zu schätzen<br />

wusste, sah sich im neunzehnten seiner Wiener Berichte für <strong>di</strong>e Augsburger<br />

Allgemeine Zeitung veranlasst, auf <strong>di</strong>ese Linie einzuschwenken. Erschreckt<br />

durch <strong>di</strong>e Ereignisse vom Oktober 1848, schrieb er noch während<br />

der Belagerung Wiens durch Win<strong>di</strong>schgrätz nach Bayern:<br />

Wenn man erwägt, was seit einem halben Jahrhundert principiell für<br />

<strong>di</strong>e Darniederhaltung aller Bildung im österreichischen Volk, ja positiv<br />

für seine Entsittlichung geschehen ist, wenn man nur <strong>di</strong>e Wiener<br />

Vorstadttheater mit ihrem <strong>Nestroy</strong> kennt, so ist <strong>di</strong>e Furcht, <strong>di</strong>e am 6.<br />

22 Ebd. S. 234.<br />

23 Ebd. S. 236. Der Verdacht einer Konspiration zwischen Bühne und Thron, Posse<br />

und Polizei tauchte in den österreichkritischen Schriften des Vormärz mehrfach auf.<br />

Vgl. Friedrich Sengle: Biedermeierzeit, a.a.O. (wie Anm. 5), Bd. 2, S. 341: «Wer sich<br />

amüsiert, wer spielt, ist für den Freiheitskampf verloren. Daher <strong>di</strong>e überall zu findende<br />

Abneigung liberaler Intellektueller gegen <strong>di</strong>e Wiener Vorstadttheater».<br />

24 Heinrich Laube: Lebensrückblick. In ders.: Gesammelte Werke in 50 Bänden. Unter<br />

Mitwirkung von Albert Hänel hrsg. von Heinrich Hubert Houben. Leipzig 1908ff.,<br />

Bd. 40, S. 203.

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