Johann Nepomuk Nestroy Tradizione e trasgressione a cura di ...
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Die <strong>Nestroy</strong>-Polemik des deutschen Vormärz<br />
I<br />
Beginnen möchte ich mit dem Bericht eines süddeutschen Wienbesuchers,<br />
mit Wolfgang Menzel und seinem Reisejournal von 1831. Der damals<br />
noch liberale Verfasser hat kein <strong>Nestroy</strong>-Stück gesehen, aber er konstatiert<br />
mit Bedauern <strong>di</strong>e profitorientierte Ausrichtung des Leopoldstädter<br />
Theaters auf Witz und Unterhaltung und er liefert damit den Grundton<br />
einer Klage, <strong>di</strong>e sich fortsetzen und steigern wird. Menzel schreibt, das<br />
Leopoldstädter Theater habe viel von seinem Glanz verloren, seit Raimund<br />
fort sei, denn:<br />
In den Stücken, welche für <strong>di</strong>ese Bühne geschrieben werden, scheint<br />
immer mehr der moderne bürgerliche Spaß das alte romantische<br />
Märchenelement zu überwiegen. Zwar spielt <strong>di</strong>e Feenwelt noch immer<br />
eine große Rolle, aber nur höchst selten findet man in ihr noch<br />
etwas Tragisches oder Edles, wie im Donauweibchen und im Alpenkönig.<br />
Insgemein erscheint sie carrikiert, ironisiert sie sich selbst, und<br />
zieht nicht <strong>di</strong>e Wirklichkeit zu sich herauf, sondern läßt sich zur<br />
platten Gemeinheit herab. 7<br />
<strong>Nestroy</strong>s Durchbruch zur illusionszerstörenden Posse konnte Menzel<br />
bei seinem Besuch von 1831 noch nicht erleben, er erfolgte zwei Jahre<br />
später mit dem Lumpazivagabundus. Aber es ist klar, dass Menzel hier ein<br />
Bedauern formulierte, das sich wenig später an <strong>Nestroy</strong> als dem Repräsentanten<br />
einer Gegenrichtung festmachte.<br />
Auch der Hesse Franz Dingelstedt hat Wien aufgesucht, sechs Jahre<br />
später, 1837, und er hat anschliessend Bemerkungen unter dem Titel Die<br />
Poesie in Österreich veröffentlicht. Darin stellte auch er das ältere Volkstheater<br />
mit Meisl, Gleich, Bäuerle und Raimund als verlorenes Ideal dar und<br />
zeigte sich als Gegner des «gereizten Wesens der neuen Zeit» 8 . Als deren<br />
Exponenten nennt er <strong>di</strong>e Schauspieler <strong>Nestroy</strong>, Hopp und Klischnigg; sie<br />
scheinen ihm typisch für eine «Verwilderung des Geschmacks» und eine<br />
«tiefe und giftige Demoralisierung» 9 . Eine schnöde Kritik aber gebe in<br />
Wien solchen «bestialischen Dichtern» haufenweise Lorbeeren als Futter10<br />
. Dieser schon viele Klischees der späteren <strong>Nestroy</strong>-Verrisse aufwei-<br />
7 Wolfgang Menzel: Reise nach Österreich im Sommer 1831. Stuttgart und Tübingen<br />
1832, S. 269f.<br />
8 Franz Dingelstedt: Die Poesie in Österreich, 1837, S. 305.<br />
9 Ebd. S. 306.<br />
10 Ebd.<br />
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