Johann Nepomuk Nestroy Tradizione e trasgressione a cura di ...
Johann Nepomuk Nestroy Tradizione e trasgressione a cura di ...
Johann Nepomuk Nestroy Tradizione e trasgressione a cura di ...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
78<br />
Reinhard Urbach<br />
Friedrich Schlögl erzählt <strong>di</strong>e Anekdote, wie <strong>Nestroy</strong> <strong>di</strong>e ihm aufgedrängte<br />
Rolle eines langweiligen, dümmlichen Soldaten durch schamlose<br />
Übertreibung zu einer versoffenen Militärkarikatur machte. Statt <strong>di</strong>ese<br />
Rolle durch Outrage loszuwerden, wurde sie zu einer seiner erfolgreichsten<br />
Figuren: Sansquartier in Zwölf Mädchen in Uniform 3 .<br />
Otto Rommel hat <strong>di</strong>ese Anekdote zurückweisen wollen mit dem gelehrten<br />
Hinweis auf ähnlich komische Rollen, <strong>di</strong>e <strong>Nestroy</strong> schon vorher in<br />
Graz und Preßburg gespielt hatte. Doch ist <strong>di</strong>e Anekdote als «Gründungsgeschichte»<br />
4 für <strong>Nestroy</strong>s Rückkehr zum tra<strong>di</strong>tionsreichen Verhöhnungs-<br />
und Verlachtheater brauchbar. Aller<strong>di</strong>ngs gab es eine entscheidende Veränderung,<br />
<strong>di</strong>e <strong>Nestroy</strong>s Stil von den grobianischen Schimpforgien des<br />
Stranitzky-Hanswurst und dem eulenspiegelartigen Wörtlichnehmen von<br />
Carls Staberl abhob: <strong>Nestroy</strong>s schlaksige Verrenkungen wurden von philosophischen<br />
Reflexionen begleitet, von Wortspielen, Definitionen und<br />
Metaphern, wie man sie bisher auf dem Theater noch nie vernommen<br />
hatte. «Über <strong>di</strong>e bisher gesehenen Komiker», erinnert sich Friedrich Kaiser,<br />
«hatte man lachen können, ohne zu denken, über <strong>Nestroy</strong>s Witze<br />
musste man häufig erst nachdenken, um sie zu verstehen» 5 .<br />
Was <strong>Nestroy</strong> gesagt hat, wissen wir mit philologischer Zuverlässigkeit.<br />
Wie er es gesagt hat und was er dabei getan hat, um komische Wirkung zu<br />
erzeugen, können wir versuchen, zeitgenössischen Abbildungen, besser<br />
noch: späten Fotografien zu entnehmen. Das muss mit gebotener Vorsicht<br />
geschehen. 1861 hat der Wiener Fotograf Hermann Klee Aufnahmen<br />
von <strong>Nestroy</strong> und einigen seiner Rollen gemacht. Doch <strong>di</strong>ese sind gestellt,<br />
vorbereitete Positionen – nicht Momentaufnahmen, charakteristische<br />
Posen zwar, aber nicht spontane Schnappschüsse.<br />
Einige Beispiele 6 :<br />
Knieriem<br />
Er hebt den linken Zeigefinger, als ob er auf den kommenden Kometen<br />
hinweisen würde. Doch der Blick folgt ihm nicht. Verbissen – mit heruntergezogenem<br />
Mundwinkel und zusammengepressten Lippen – bleibt<br />
3 Friedrich Schlögl: Vom Wiener Volkstheater. Wien: Teschen 1884, S. 149f.<br />
4 Walter Schübler: <strong>Nestroy</strong>. Salzburg-Wien-Frankfurt 2001, S. 80.<br />
5 Friedrich Kaiser: Unter fünfzehn Theater-Direktoren. Wien 1870, S. 26.<br />
6 Vgl. Reinhard Urbach: Geronnene Bewegung. In: Heinrich Schwarz: <strong>Nestroy</strong> im<br />
Bild. Wien, München 1977, S. 11-14. Einige Beobachtungen daraus werden hier wiederholt.<br />
Alle folgenden Abbildungen stammen aus dem Archiv Urbach.