Johann Nepomuk Nestroy Tradizione e trasgressione a cura di ...
Johann Nepomuk Nestroy Tradizione e trasgressione a cura di ...
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Was ist das eigentliche satirische Objekt <strong>Nestroy</strong>s?<br />
nannt, weil er mit <strong>di</strong>esem Namen einen Typ in der Gesellschaft seiner<br />
Zeit treffen will, der gar nicht anders heißen kann. Der Talisman beruht auf<br />
dem Vaudeville Bonaventure von Dupeuty und de Courcy (1840); dort heißt<br />
<strong>di</strong>e entsprechende komische Figur «Madame Larose», trägt also einen<br />
sprechenden Namen wie viele Figuren in der Komö<strong>di</strong>e seit dem Altertum.<br />
Nichts hätte <strong>Nestroy</strong> gehindert, <strong>di</strong>esen – freilich recht beliebig gegebenen<br />
– Namen zu übersetzen oder einen analogen zu erfinden. Er hat sich für<br />
eine andere Vorgangsweise entschieden: Er gibt der Figur einen Vor- und<br />
einen Nachnamen und achtet auf den Kontrast zwischen beiden; jener ist<br />
dabei wohl auch für das Biedermeier eher exquisit, als Name einer<br />
römischen Göttin bildungssprachlich geprägt, <strong>di</strong>eser von einem schlichten<br />
Instrument der Gartenarbeit bezogen; der Familienname erinnert<br />
Sprecher der österreichischen Umgangssprache und Kenner österreichischer<br />
Mundarten über<strong>di</strong>es an “g’schert” (“ungehobelt”) und “Bamschabl”<br />
(“Rüpel”).<br />
Vor allem ist der Name in sich widersprüchlich – ein Fänomen, das<br />
heute gerade bei Frauennamen, <strong>di</strong>e zunehmend nach rein klanglichen<br />
Kriterien gewählt werden, alltäglich geworden, im frühen 19. Jahrhundert<br />
selten gewesen ist. Der Name Flora Baumscheer war für <strong>Nestroy</strong>s Zeitgenossen<br />
gewiss in viel höherem Ausmaß merkmalhaft als für uns.<br />
Diese Kombination des Bildungs- und des Alltagssprachlichen – auf<br />
<strong>di</strong>e hin man <strong>Nestroy</strong>s Namenswelt einmal durchforsten sollte – ist ein In<strong>di</strong>z<br />
für gesellschaftlichen Wandel, den <strong>Nestroy</strong> als sprachlichen Wandel<br />
versteht und zum Objekt seiner Satire macht.<br />
Die innere Brüchigkeit des Namens «Flora Baumscheer» führt uns besonders<br />
deutlich und besonders komisch <strong>di</strong>e Brüchigkeit eines Sprachgebrauchs<br />
vor Augen, <strong>di</strong>e in allen <strong>Nestroy</strong>-Stücken spürbar ist.<br />
Davon gleich mehr. Zunächst ein Blick auf tra<strong>di</strong>tionelle Zugänge zu<br />
<strong>Nestroy</strong>s satirischen Possen, für <strong>di</strong>e hier Peter Cersowskys Talisman-Interpretation12<br />
und Ulrike Tanzers Arbeit über den Zerrissenen13 stehen<br />
mögen. Ich zitiere Cersowsky:<br />
Angeprangert wird im Talisman allgemein <strong>di</strong>e Beurteilung von Menschen<br />
aufgrund ihrer äußeren Erscheinung, und daß <strong>di</strong>e Betroffenen<br />
12 Peter Cersowksy: <strong>Johann</strong> <strong>Nestroy</strong> oder Nix als philosophische Mussenzen. Eine<br />
Einführung. München 1992. Über den Talisman S. 69-89.<br />
13 Ulrike Tanzer: <strong>Johann</strong> <strong>Nestroy</strong>s Posse Der Zerrissene. Vorschläge für einen fächerübergreifenden<br />
Unterricht. In: U. T. (Hrsg.): Die Welt ist <strong>di</strong>e wahre Schule ... Beiträge<br />
und Materialien zu <strong>Nestroy</strong> im Deutschunterricht. Wien 1998. S. 39-46.<br />
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