Johann Nepomuk Nestroy Tradizione e trasgressione a cura di ...
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J. N. <strong>Nestroy</strong> – <strong>Tra<strong>di</strong>zione</strong> e <strong>trasgressione</strong>, 75-93<br />
Reinhard Urbach<br />
(Wien)<br />
<strong>Nestroy</strong> – der Schauspieler<br />
Herkunft, Merkmale und Wirkung seiner Rollengestaltung<br />
Durch <strong>di</strong>e Jahrtausende war <strong>di</strong>e Schauspielkunst alles – nur nicht natürlich,<br />
das heißt: realistisch. Schon der erste aller Schauspieler erhob zwar<br />
den Anspruch, <strong>di</strong>e Wirklichkeit nachzuahmen, aber er gab sie nicht wieder.<br />
Zwischen Nachahmung und Wiedergabe vollzog sich ein geheimnisvoller<br />
Prozeß der Transformation vom Nachmachen ins Vormachen. Die<br />
dargestellten Menschen, Situationen, Schicksale, ihre Bewegungen, Haltungen,<br />
Handlungen, ihre Sprache, Geste, Mimik wurden in der Vorstellung<br />
stilisiert, markiert, pointiert, übertrieben, untertrieben, verzerrt, vergrößert,<br />
ver<strong>di</strong>chtet. Das hatte einen Makel – es war künstlich. Das hatte<br />
einen Vorzug – es war Kunst.<br />
Die Qualität des Spiels war abhängig von der Phantasie der Schauspieler<br />
und ihrer Könnerschaft in der Umsetzung verinnerlichter Beobachtungsvorgänge<br />
in <strong>di</strong>e künstlerische Äußerung.<br />
Das Spiel war nicht Selbstzweck. Immer war es abhängig von der Akzeptanz<br />
eines Publikums, das erhoben, begeistert, gerührt oder unterhalten,<br />
belustigt, erheitert, das belehrt oder belacht werden wollte, werden<br />
sollte. Auf der Bühne standen Götter und Helden, Satyrn und Faune, wie<br />
man sie sich vorstellte; und Typen aus allen Schichten des Volkes vom<br />
höchsten Herrn zum niedrigsten Knecht, wie man sie kannte und wiedererkannte<br />
– im Zerr- und Hohlspiegel des theatralischen Vorgangs.<br />
Durch <strong>di</strong>e Jahrhunderte war <strong>di</strong>e europäische Komö<strong>di</strong>e von Masken und<br />
Verstellungen geprägt. Ihre Darsteller waren Possenreißer und Clowns,<br />
Gaukler und Narren, komische Alte und durchtriebene Diener, aber auch<br />
liebreizende Töchter, wie man sie sich wünscht und widerborstige Söhne,<br />
wie man sie sich verbittet.