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Johann Nepomuk Nestroy Tradizione e trasgressione a cura di ...

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Jeanne Benay<br />

chen 84 –, daß es zu Verflachungen (nur Erfassen des Attraktiven), zur<br />

Kommerzialisierung kommen konnte oder im Gegenteil als «naturalistische»<br />

Deutung einer historischen Kulturentwicklung angepaßt wurde –<br />

zeitliche und ästhetische Verschiebung –, das alles kann als Transfererscheinung<br />

gelten. Daß das Werk karnevalesk verunstaltet wurde, gehört<br />

schon zu einer noch harmlosen Transgre<strong>di</strong>enz. Aber daß das Stück auch<br />

zum Erhalt einer militärischen Ordnung, zur propagan<strong>di</strong>stischen Werbung<br />

für <strong>di</strong>e Zugehörigkeit zum Deutschen Reich, zur Propagierung des Deutschtums,<br />

zum Schaffen eines politischen Konsensus an einem besonders<br />

kommunikativen Kulturort – im Öffentlichkeitsraum eines Theaters –<br />

verwendet wurde, muß als transgressives Verhalten betrachtet werden.<br />

Daß <strong>di</strong>e Metzer Frankophonen <strong>di</strong>e – tatsächlich inhärente – Romanität<br />

mit Franzosentum gleichstellten, war nur <strong>di</strong>e andere Facette eines doppelten<br />

Kulturkrieges, <strong>di</strong>e man «Waffe des Widerstands» nennen könnte.<br />

Subversiven Widerstand leisten aber Komiker und Komö<strong>di</strong>enschreiber<br />

fast immer, wenn auch <strong>di</strong>e Kritik der Gesellschaft noch keine tatkräftige<br />

politische Implikation bedeutet. Im Vormärz-Kontext war aber <strong>Nestroy</strong><br />

«liberaler» Gesinnung und er galt schon immer als Wiener Aristophanes<br />

oder sogar als Wiener Bühnen-Hogarth. Dies genügt vielleicht, um das<br />

Verhalten der Metzer Frankophonen – deren Handlungsspielraum gering<br />

war – als weniger frevelhaft denn dasjenige der «Deutschen» anzusehen.<br />

Das letzte Auftauchen <strong>Nestroy</strong>s im Metzer Repertoire geht auf Februar<br />

1912 zurück, auf ein symbolisches Datum, nicht nur für <strong>di</strong>e Annexionsgeschichte<br />

– es war kurz nach der Marokkokrise, es war zur Zeit der Autonomisierung<br />

innerhalb des Reiches durch das Inkrafttreten einer Konstitution<br />

(11. Mai 1911) mit einem Zweikammersystem – darunter ein eigener<br />

Landtag, was <strong>di</strong>e Opposition noch mehr schürte –, sondern auch für<br />

das Aufwachen in der <strong>Nestroy</strong>forschung. Wer denkt nicht sofort an <strong>di</strong>e<br />

«Wiederentdeckung» <strong>Nestroy</strong>s durch Karl Kraus (<strong>Nestroy</strong> und <strong>di</strong>e Nachwelt,<br />

1912)? Eine Wiederentdeckung? Nicht ganz, wenn damit gemeint ist, daß<br />

es vor Kraus überhaupt stumm um das Werk <strong>Nestroy</strong>s geworden wäre.<br />

Trotzdem eine Wiederentdeckung, falls damit <strong>di</strong>e entscheidende Zäsur<br />

gemeint ist, <strong>di</strong>e eine neue <strong>Nestroy</strong>-Rezeption und originellere Forschungswege<br />

einleitete, <strong>di</strong>e das «Moderne» an <strong>Nestroy</strong> als Negativität und als Of-<br />

84 Zur Erinnerung: Bei den Besprechungen anläßlich des Frankfurter Friedens<br />

wurde erwogen, daß Österreich <strong>di</strong>e Territorien südlich des Mains erhalten könnte. Dies<br />

geschah nicht. Siehe: Deutsche Geschichte. [Von] Harmut Boockmann, Heinz Schilling,<br />

Hagen Schulze, Michael Stürmer. Berlin 1984, S. 256.

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