Johann Nepomuk Nestroy Tradizione e trasgressione a cura di ...
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Jeanne Benay<br />
Musikwerk bedeutet. Bouffe stellt zugleich eine Parallele zur komischen Oper<br />
(opéra-bouffe) und zur Tra<strong>di</strong>tion der Offenbachschen Operette her 44 . Ähnliches<br />
gilt für <strong>di</strong>e Bezeichung «vaudeville» 45 , wenn es sich um Lumpacivagabundus<br />
handelte. Hier kann es nicht mehr reiner Zufall sein. Sowieso wurden<br />
beim Lumpacigabundus generell in den Rezensionen zwei ästhetische<br />
Diskurse betont: das Komische und das Musikalische («lustige Posse mit<br />
Gesang») 46 .<br />
Rollenästhetisch war der Erfolg durch <strong>di</strong>e Gegenwart eines charakterologisch<br />
kontrastierten Trifoliums (Knieriem, Zwirn, Leim) gesichert,<br />
das anhand des Non-Verbalen wie Gestik, Mimik usw. vieles rein spielhaft<br />
vermitteln konnte. Die Konzeption des Stückes war attraktiv genug und<br />
das Kommunikationspotential war hoch genug, um über einen minimalen<br />
Erwartungshorizont hinauszugehen. Dabei darf auch nicht vergessen werden,<br />
daß <strong>di</strong>e Französischsprechenden in Wirklichkeit nicht immer der<br />
deutschen Sprache so unkun<strong>di</strong>g waren, wie sie es behaupteten: Verstanden<br />
wurde einiges. Auch am Beispiel der zweisprachigen Adrienne Thomas<br />
(eig. Hertha Strauch), deren preußische (Berliner) Familie 1896 in St.<br />
Avold, später in Metz (1904) ansässig wurde 47 , kann man sehen, daß <strong>di</strong>e<br />
sprachlichen Fronten nicht so unflexibel waren, wie immer wieder behauptet<br />
wird. So <strong>di</strong>ente schon 1873 – wie <strong>di</strong>e Metzer Zeitung berichtete –<br />
selbst Raimunds Werk zu politischen Protestaktionen durch <strong>di</strong>e Möglichkeit<br />
des improvisierten Zusatzcouplets, wenn es etwa in dem damals aufgeführten<br />
Verschwender hieß: «Nach Straßburg noch lange nicht» 48 , und im<br />
Grunde genommen blieben <strong>di</strong>e Lothringer, besonders <strong>di</strong>e Metzer, sogenannte<br />
«Protestler» (bis 1890 im Reichstag vertreten).<br />
Die erste Kritik zu einem <strong>Nestroy</strong>-Stück fiel ungünstig aus, so ungünstig,<br />
daß sie angesichts der langen guten Aufnahme des Lumpazivagabundus<br />
als kritische Transgression aus Unkenntnis, aus Mangel an Feeling be-<br />
44 Alles zitiert hier nach: Le Messin [Theaterannonce]. 25. Jg., Nr. 245, 20.-21. Oktober<br />
1907, S. 4.- ADM. Signatur: 1AL43.- 4 MI 106/29.<br />
45 Le Messin. 23. Jg., Nr. 277, 29. November 1905, S. 2. ADM. Signatur: 1AL43.- 4<br />
MI 106/27.<br />
46 Aus Stadt und Land. Metz. Stadttheater. In: Metzer Zeitung. 39. Jg., Nr. 559, 3.<br />
Dezember 1909, S. 2.- ADM. Signatur: 1 AL 53/68.<br />
47 Marie-Paule Ritchen: Adrienne Thomas’ «Die Kathrin wird Soldat!». Vom (Welt)<br />
Geschehen zum engagierten Bestsellerroman. Masch. Diplomarbeit, Metz, 2001, S. 31-<br />
32. 48 Locales. Theater. In: Metzer Zeitung. 3. Jg., Nr. 41, 19. Februar 1873, S. 3.- ADM.<br />
Signatur: 1 AL53/3.