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Johann Nepomuk Nestroy Tradizione e trasgressione a cura di ...

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46<br />

Martin Stern<br />

senden Aburteilung folgte sodann eine eigentliche Hymne auf den 1836<br />

verstorbenen Raimund. Darin heisst es:<br />

Wie vermiss’ ich <strong>di</strong>ch, edle, rein <strong>di</strong>chterische Gestalt, <strong>di</strong>e du mit dem<br />

allein wahren und tiefen Humor über <strong>di</strong>esen Gemeinheiten schwebtest,<br />

und doch mit beiden Füßen im lustigen, grünen Leben feststandest.<br />

Du Mann des Volkes, du Poet der Armen, <strong>di</strong>ch, mein Raimund!<br />

Wie vermiss’ ich <strong>di</strong>ch! 11<br />

Gehen wir weiter nach Norden, nach Berlin, so finden wir bereits ein<br />

Jahr früher, 1836, ein aufschlussreiches Zeugnis in Adolf Glaßbrenners<br />

Schrift Bilder und Träume aus Wien. Die «Bilder» sind vorsichtig-freundlich<br />

und voller realistischer Details über <strong>di</strong>e österreichische Metropole. Zwischen<br />

sie aber sind fünf zum Teil abschreckend-groteske «Träume» eingeschoben.<br />

In ihnen deponierte der Berliner Beobachter das, was er nicht als<br />

eigene Erfahrung oder eigene Meinung auszugeben wagte: <strong>di</strong>e geistige<br />

Unfreiheit, den Despotismus und <strong>di</strong>e verbreitete Korruption in der Kaiserstadt<br />

und vor allem <strong>di</strong>e Hoffnung, dass <strong>di</strong>e Zeit dem «System» bald den<br />

Untergang bereiten werde. – Es ist wichtig, <strong>di</strong>ese ra<strong>di</strong>kale Position Glaßbrenners<br />

klar zu sehen, denn nur dadurch wird seine Parteinahme für Raimund<br />

und gegen <strong>Nestroy</strong> wirklich merkwür<strong>di</strong>g12 . Glaßbrenner schreibt:<br />

Ich gehe zuerst zum Kärntnerthor hinaus. Wien mit ihrem stinkenden<br />

Atem verpestet <strong>di</strong>e physische, ihr Theater <strong>di</strong>e geistige Luft.<br />

Wenn Gemeinheit und <strong>di</strong>e elendeste Possenreißerei ein Volkstheater<br />

machen, so erfüllt <strong>di</strong>ese Bühne ihren Zweck vollkommen. Sie sollte<br />

das Schöne populär machen, aber sie macht das Gemeine, das Unschöne,<br />

<strong>di</strong>e Nichtswür<strong>di</strong>gkeit populär. Der Director Karl sitzt auf<br />

dem Throne, streicht <strong>di</strong>e Einnahmen ein, baut sich Häuser und verpestet<br />

<strong>di</strong>e Seele des Volkes.<br />

11 Ebd.<br />

12 Die umfangreiche Glaßbrenner-Forschung hat <strong>di</strong>ese Merkwür<strong>di</strong>gkeit schon lange<br />

konstatiert, aber ziemlich ratlos. Die Tatsache, dass der Berliner Satiriker mit Gutzkow<br />

zur Schule ging, Laube kannte und eine Wiener Schauspielerin und Schülerin Raimunds<br />

heiratete (erst 1840!), reicht aber nicht aus, um Glaßbrenners Antipathie zu erklären. Die<br />

Literaturgeschichtsschreibung der DDR hat sie nicht einmal kommentiert, sondern nur<br />

<strong>di</strong>e parallele Funktion der beiden «Demokraten» hervorgehoben. Vgl.: Geschichte der<br />

deutschen Literatur von 1830 bis zum Ausgang des 19. Jahrhunderts. Von einem Autorenkollektiv.<br />

Leitung und Gesamtbearbeitung Kurt Böttcher. Berlin 1975, S. 343: «Was<br />

<strong>Nestroy</strong> für Wien bedeutete, war Glaßbrenner für Berlin. Beide sind <strong>di</strong>e herausragenden<br />

Repräsentanten der kleinbürgerlich-demokratischen Volkskräfte im literarischen Vormärz».

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