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Johann Nepomuk Nestroy Tradizione e trasgressione a cura di ...

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Was ist das eigentliche satirische Objekt <strong>Nestroy</strong>s?<br />

Solche Abgedroschenheit von Wörtern und noch mehr von Wendungen<br />

war wahrscheinlich erst in der Epoche <strong>Nestroy</strong>s deutlich zu spüren, in<br />

einer Ära, in der zumal <strong>di</strong>e rasch zunehmende Publizistik zu einer Art<br />

Sprachinflation führte und <strong>di</strong>e Sprache der hochliterarischen Tra<strong>di</strong>tion<br />

trivialisierte, indem sie sie sehr mechanistisch in ihre Texte einbaute, in<br />

einer Epoche, in der durch <strong>di</strong>e zunehmend durchgesetzte Schulpflicht <strong>di</strong>e<br />

Mundart weniger selbstverständlich wurde, ohne dass <strong>di</strong>e Sprecher sofort<br />

<strong>di</strong>e Hochsprache beherrscht hätten; misslingendes sprachliches Streben<br />

nach oben war damals vermutlich nicht selten 24 . <strong>Nestroy</strong> konnte in den<br />

sprachlichen Verhältnissen seines Wien besonders leicht ein Sensorium für<br />

Floskeln, Klischees und Frasen entwickeln, weil hier <strong>di</strong>e gesprochene<br />

Sprache, <strong>di</strong>e auch von den “Gebildeten” gesprochene Sprache verhältnismäßig<br />

weit vom Schriftdeutschen entfernt war, das für den Ausdruck<br />

der edlen Gefühle nicht immer ganz reichte, während jene vorzüglich für<br />

<strong>di</strong>e Erfordernisse des Alltags taugte. Die verlogene Rede der eleganten<br />

Konversation brauchte so nicht einmal an der außersprachlichen Realität<br />

überprüft werden 25 , sondern erwies ihre Verlogenheit schon innersprachlich<br />

durch den Gegensatz zu anderen, schlichten, alltäglichen Formen des<br />

Sprechens 26 .<br />

Der sprachliche Höhenflug der Friseure und Gärtnerswitwen in <strong>di</strong>e<br />

Sfären der Literatursprache der zu Ende gehenden «Kunstperiode» scheint<br />

mir das eigentliche Ziel der Satire von <strong>Nestroy</strong> zu sein, jenes Ziel seiner<br />

Satire, das für uns noch aktualisierbar ist.<br />

Wohlgemerkt: nicht als Spott auf <strong>di</strong>e Friseure und Gärtnerswitwen,<br />

sondern als Spott auf <strong>di</strong>e ihres Gehalts entleerte, automatisierte Sprache<br />

nicht nur bei jenen, denen der «stolpernde Versuch» misslingt, «im Sprachgewand<br />

der Vornehmen und Gebildeten daherzukommen» 27 , sondern<br />

gerade auch bei den «Vornehmen und Gebildeten» selbst, <strong>di</strong>e <strong>di</strong>ese Sprache<br />

mit etwas größerem Geschick als <strong>di</strong>e Angehörigen der Unterschichten,<br />

aber gleich sinnentleert gebrauch(t)en. Der Beweis dafür lässt sich<br />

leicht führen: Die sprachgewandteste Figur im Talisman, Titus, gehört zu<br />

den sozial Benachteiligten; <strong>di</strong>e vorkommenden Figuren aus der Ober-<br />

24 Vgl. Peter von Matt: <strong>Nestroy</strong> oder das Leiden an der eigenen Intelligenz. Zum<br />

200. Geburtstag des Dramatikers. In: Neue Zürcher Zeitung. 8./9.12.2001. S. 85.<br />

Zweifellos hat <strong>Nestroy</strong> solche Prozesse, <strong>di</strong>e von Matt sozialhistorisch überzeugend<br />

einordnet, beobachtet; aller<strong>di</strong>ngs geht <strong>Nestroy</strong>s Satire weiter. Vgl. Anm. 22 und 23.<br />

25 W. E. Yates: <strong>Nestroy</strong>, a.a.O (wie Anm. 9), S. 81.<br />

26 Ebd., S. 84.<br />

27 Peter von Matt: <strong>Nestroy</strong>, a.a.O. (wie Anm. 24).<br />

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