Johann Nepomuk Nestroy Tradizione e trasgressione a cura di ...
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<strong>Nestroy</strong>s Werk als frankophone und deutsche Kulturwaffe<br />
Fusionsversuch durch Sprache und Kultur – wie ihn Henri Pirenne oder<br />
jüngst Bene<strong>di</strong>ct Anderson darstellten 8 – schließlich scheiterte (gerade nach<br />
1885, nach der Präsidentschaft von General Manteuffel – er war Statthalter<br />
in Straßburg zwischen 1879-1885 –, als ein neues Gemeinderats-, Straf-<br />
und Gewerberecht in Kraft trat) 9 . Die Optionsangelegenheit hatte 1872 (1.<br />
Oktober) in Lothringen zur massiven Emigration (insgesamt 160000<br />
Auswanderer aus Elsaß-Lothringen, 20000 verließen Metz) der früheren<br />
überwiegend frankophonen Metzer Bevölkerung (1914 gab es 70000 Einwohner<br />
und darunter nur noch 43% der früheren Einheimischen) 10 und<br />
zur organisierten Binnenmigration im Reich geführt.<br />
Die Stücke <strong>Nestroy</strong>s, <strong>di</strong>e am Metzer Stadttheater (Abb. 1) gegeben wurden,<br />
waren: Lumpacivagabundus, Einen Jux will er sich machen, Der Talisman und<br />
Frühere Verhältnisse. Ich gehe besonders auf Lumpacivagabundus ein, weil das<br />
Stück zwischen 1872 und 1912 «regelmäßig» gespielt wurde, weil <strong>di</strong>e<br />
Metzer Theatertruppe es sich angeeignet hatte und es als abendfüllendes<br />
Stück einer konventionellen Normalität entsprach. Bei Früheren Verhältnissen<br />
kann man sich fragen, ob der Titel im Metzer Kontext nicht mißfallen<br />
hat, um so mehr als Konrad Dreher eine Coupletstrophe Modern und unmodern<br />
dazu gab, <strong>di</strong>e 1892 ein Thema aufgriff, das sogar in Provinzstädten<br />
behandelt wurde (1892: So. 6. November). Zugleich kann man anhand<br />
von Lumpacivagabundus, dem bekanntesten Stück <strong>Nestroy</strong>s – aufgeführt an<br />
einem auslän<strong>di</strong>schen Provinztheater mit jahrhundertealter Tra<strong>di</strong>tion (wo es<br />
ein römisches Amphitheater schon im 3. Jahrhundert n. Chr. gab und wo<br />
im 15. Jahrhundert eine stehende Truppe existierte) –, prüfen, wie das<br />
Werk nach dem Tode des Autors und Ur-Interpreten rezipiert worden ist.<br />
Die Wiener <strong>Nestroy</strong>-Zyklen von Karl Blasel unter der Direktion Teweles<br />
am Carltheater (u.a. 1881) sind zwar bekannt 11 , gelten aber in der Forschung<br />
auch als Ausnahmen oder als Zäsur. Denn, wenn man immer wieder<br />
lesen kann, Lumpacivagabundus sei «zwischen 1833 und 1881 über ein-<br />
8 Henri Pirenne: Histoire de Belgique des origines à nos jours. Saint-Omer 1902<br />
(Bruxelles: La Renaissance du livre, 1974). Er sprach von der «Fusion des Romanischen<br />
und des Germanischen» durch das Vorhandensein zweier Sprachgemeinschaften; Bene<strong>di</strong>ct<br />
Anderson: Imagined Communities: Reflections on the origin and spread of nationalism.<br />
London 1991 (1999).<br />
9 René Bour: Histoire de Metz. Metz 1994, S. 217-248.<br />
10 Idem, S. 412.<br />
11 Blasel spielte den Zwirn und eigentlich Thaller den Knieriem. Vgl. HKA: Stücke<br />
5, S. 445.<br />
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