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Johann Nepomuk Nestroy Tradizione e trasgressione a cura di ...

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Jürgen Hein<br />

Werfen wir einen Blick auf <strong>Nestroy</strong>s Bearbeitungspraxis und skizzieren<br />

ein Modell des Schaffensprozesses: Kaum eine der Possen <strong>Nestroy</strong>s ist ein<br />

“Originalwerk”, alle gehen auf bekannte oder (noch) unbekannte Vorlagen<br />

zurück. Bei einigen hat er <strong>di</strong>e Quelle selbst angegeben, oder sie ist auf dem<br />

Theaterzettel vermerkt, bei anderen finden wir Hinweise in seinen Bearbeitungsnotizen<br />

oder in der zeitgenössischen Theaterkritik. Auch wenn<br />

noch nicht für alle Stücke <strong>di</strong>e Vorlagen ausfin<strong>di</strong>g gemacht werden konnten,<br />

ist anzunehmen, daß <strong>Nestroy</strong> für kein einziges Stück <strong>di</strong>e Fabel erfunden<br />

hat. Ihm ging es eher um das “Finden”, um <strong>di</strong>e schöpferische Aneignung<br />

und Umformung zum eigenen Werk; “Originalität” ist auf dem Hintergrund<br />

der spezifischen Produktionsbe<strong>di</strong>ngungen des Wiener Volkstheaters<br />

im Kontext sowohl der tra<strong>di</strong>tionellen Vorlagenbearbeitung –<br />

durch “Verwienerung” und Paro<strong>di</strong>e – als auch der neue Akzente setzenden<br />

internationalen “Vergnügungsindustrie” zu sehen, <strong>di</strong>e zum Heimischmachen<br />

fremder Stoffe und zur Herausarbeitung dankbarer Rollen<br />

für das Ensemble zwangen.<br />

Die Zusammenhänge zwischen “Einfall”, Wahl der Vorlage und Anregung<br />

durch sie lassen sich bei einigen Possen an überlieferten Übersetzungen,<br />

Inhaltsskizzen, Nacherzählungen, von <strong>Nestroy</strong> z.B. «Plan», «Programm»,<br />

«Hauptmomente», «Benützung» genannt, auch Rohübersetzungen<br />

von fremder Hand, an deren Rand <strong>Nestroy</strong> Einfälle notiert, nachvollziehen.<br />

Der Autor verweist mit Formulierungen wie «nach Ogl», «n.B.»<br />

oder «n.d.G» auf Konzepte, <strong>di</strong>e er dem «Original», dem «Buch» oder dem<br />

«Geschriebenen» entlehnt; ferner finden sich Bearbeitungshinweise wie «s.<br />

k.», was möglicherweise «sehr kurz» bedeutet, oder auch Hinweise wie:<br />

«komischer». Es lassen sich raffende, ergänzende, dramatisch gliedernde<br />

und akzentuierende Eingriffe beobachten, z.B. Ausbau von Motiven und<br />

Handlungslinien, neue Motivationen und Intrigen, “Spaltung” oder Erfindung<br />

neuer Figuren sowie szenische und sprachliche Entwürfe, <strong>di</strong>e in der<br />

Regel in «Szenarien» münden.<br />

Von der einfachen adaptierenden “Übersetzung” über paro<strong>di</strong>erende<br />

Transformation bis zur neuen ästhetischen Organisation finden sich verschiedene<br />

Formen der Aneignung. Bei manchen Stücken sind so gut wie<br />

keine Vorarbeiten erhalten, und es gibt auch keine konkreten Hinweise<br />

auf <strong>di</strong>e benutzten Quellen. In einigen Fällen scheint <strong>Nestroy</strong> das französische<br />

Original ohne Umweg über eine Übersetzung, Aneigungsskizze o.ä.<br />

Hassel u. Herbert Herzmann. Tübingen 1992, S. 35-64.

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