Innere Sicherheit
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Seite 152<br />
PSB<br />
2.4.5 Kriminologische Befunde zur Person des Wirtschaftsstraftäters<br />
Die in den siebziger Jahren im Zusammenhang mit den Folgeuntersuchungen zur BWE gewonnenen<br />
Befunde zum Sozialprofil des Wirtschaftsstraftäters zeigen, dass es sich hier um eine anders strukturierte<br />
Tätergruppe handelt als bei der klassischen Kriminalität. Die Beschuldigten sind danach überwiegend<br />
männlich, verheiratet, knapp 40 Jahre alt und besitzen die deutsche Staatsangehörigkeit. Sie verfügen zumeist<br />
über eine gute bis sehr gute Ausbildung. Sie gehören zumeist der mittleren und oberen Mittelschicht<br />
an. Weniger als die Hälfte ist vorbestraft. 458 Diese Unterschiede im Sozialprofil sind durch die<br />
wirtschaftskriminellen Straftaten (mit)bedingt. Denn die hierbei vorausgesetzten Deliktsfähigkeiten und<br />
Deliktsgelegenheiten korrespondieren mit dem Beruf, d. h. das Sozialprofil belegt nur die These der unterschiedlichen<br />
Zugangschancen bzw. die These von Wirtschaftsstraftaten als "economic special-opportunity<br />
crimes" 459 .<br />
2.4.6 Strafrechtliche Sozialkontrolle von Wirtschaftskriminalität<br />
2.4.6.1 Polizeiliche Kontrolle von Wirtschaftskriminalität<br />
Im Unterschied zur klassischen Eigentumskriminalität handelt es sich bei Wirtschaftskriminalität überwiegend<br />
um so genannte Überwachungs- und Kontrolldelikte, d. h. die Anzeigen beruhen ganz überwiegend<br />
auf der Überwachungstätigkeit der spezialisierten Polizei der Wirtschaftskontrolldienste. 460 Regelmäßig<br />
bestimmen die personellen und sachlichen Ressourcen sowie die Verfolgungsstrategie der Polizei,<br />
ob und wie viel Wirtschaftsstraftaten entdeckt werden. Lediglich bei schwerer Wirtschaftskriminalität,<br />
durch die Rechtsgüter Privater betroffen sind, hängt die Verfahrensinitiierung vom Anzeigeverhalten der<br />
Betroffenen ab.<br />
Um die Intensivierung der Strafverfolgung zu erreichen, werden in zunehmendem Maße Mitteilungspflichten<br />
für dritte Stellen statuiert. Seit 1967 sind Konkurs- und Vergleichsrichter verpflichtet, der<br />
Staatsanwaltschaft die Eröffnung eines Konkurs- oder Anschlusskonkursverfahrens mitzuteilen. Gemäß<br />
§ 116 Abgabenordnung 461 haben Gerichte und Behörden von Bund, Ländern und kommunalen Trägern<br />
der öffentlichen Verwaltung die Pflicht, Tatsachen, die sie dienstlich erfahren und die den Verdacht einer<br />
Steuerstraftat begründen, den Finanzbehörden mitzuteilen; eine entsprechende Regelung sieht § 6 Subventionsgesetz<br />
hinsichtlich der den Verdacht eines Subventionsbetrugs begründenden Tatsachen vor. Die<br />
Nichtanzeige einer geplanten Fälschung von Vordrucken für Euroschecks oder Euroscheckkarten wurde<br />
durch das 2. WiKG von 1986 unter Strafe gestellt und 1998 durch das 6. StrRG auf die Fälschung von<br />
Zahlungskarten erweitert (§ 138 Abs. 1 Nr. 4 StGB). Das Gesetz über den Wertpapierhandel von 1994<br />
sieht in § 18 eine Anzeigepflicht des Bundesaufsichtsamts für den Wertpapierhandel bei Verdacht eines<br />
verbotenen Insidergeschäfts vor.<br />
Zahlreiche Behörden auf Bundes-, Landes- oder kommunaler Ebene erlangen im Rahmen ihrer gesetzlichen<br />
Kontroll-, Überwachungs- und Genehmigungsaufgaben Informationen, die für Prävention von Wirtschaftskriminalität<br />
relevant sind. Im Rahmen des vom Bundeskriminalamt zusammen mit den Landeskriminalämtern<br />
erarbeiteten Konzepts "Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität im Vorfeld" soll die<br />
Zusammenarbeit mit anderen Behörden sowie öffentlichen und privaten Institutionen verbessert werden.<br />
458<br />
Vgl. LIEBL, K., 1984, S. 132, Tab. 39; vgl. ferner DANNECKER, G., 2000, Rn. 18; KAISER, G., 1996, S. 852; SCHWIND, H.-D.,<br />
2001, § 21 Rn. 19 ff.<br />
459<br />
HOROSZOWSKI, P., 1980.<br />
460<br />
Vgl. BLANKENBURG, E., SESSAR, K. und W. STEFFEN, 1978, S. 283.<br />
461<br />
Vgl. auch § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 10 Einkommensteuergesetz.