Innere Sicherheit
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Seite 170<br />
ruption von Beamten und Schutzgelderpressungen gehörten in ihrem Geschäftsbereich zu den gängigen<br />
Praktiken. 542 Nur 0,2% wollten indes selber Schmiergeld an Beamte bezahlt haben.<br />
PSB<br />
Die Befragung von Gastronomen durch das Kriminologische Forschungsinstitut Niedersachsen 1995/96<br />
kam zum Ergebnis, dass "nicht von einem massenhaft verbreiteten Phänomen der...Korruption bei deutschen<br />
und ausländischen Gastronomen gesprochen werden (könne). ...Die Zahlen, die Daten, von denen<br />
wir berichten können, liegen in jedem Falle unter den Schätzungen von prominenten Journalisten, Politikern<br />
und Polizisten." 543 Bei der Frage nach der direkten Betroffenheit mit Korruption 544 gaben zwischen<br />
5% und 10% der Befragten in den verschiedenen Befragtengruppen an, mit einem korrupten Beamten<br />
konfrontiert gewesen zu sein. War aufgrund weiterer Angaben der konkrete Fall nachprüfbar, dann reduzierten<br />
sich diese Anteile auf 3-6%. 545 Wegen des überdurchschnittlich hohen Anteils derjenigen Befragten,<br />
die eine Teilnahme verweigerten, 546 könnten diese Angaben zum Ausmaß von Korruption sogar noch<br />
überschätzt sein, wenn angenommen wird, dass Verweigerer u. a. deshalb nicht teilnehmen, weil sie<br />
nichts zu berichten haben. Denkbar ist freilich auch eine Verzerrung der Ergebnisse in die entgegengesetzte<br />
Richtung, etwa dadurch, dass Verweigerer eher Opfer geworden sind und sich - selbst in einer anonymen<br />
Befragung - nicht zu offenbaren wagten.<br />
Die allgemeine Einschätzungen über Korruptionsanfälligkeit und über die Verbreitung von Korruption<br />
weichen danach deutlich von dem ab, was an nachprüfbaren oder zugegebenen Fakten feststellbar ist.<br />
Einen empirisch gestützten, repräsentativen Beleg über das Ausmaß von Korruption und über deren<br />
(vermutete) Zunahme, lässt sich bislang nicht finden.<br />
2.5.4.2 Plausibilitätserwägungen zur Größe des Dunkelfeldes<br />
Die Vermutung, es gebe ein weit überdurchschnittlich großes Dunkelfeld, wird deshalb auf Plausibilitätserwägungen<br />
unterschiedlichster Art gestützt. Ein großes Dunkelfeld wird schon wegen der Besonderheit<br />
von Korruption vermutet. Bei Korruption gibt es in der Regel nur Täter (Vorteilsgeber und Vorteilsnehmer),<br />
aber kein unmittelbares Opfer. Der Schaden entsteht nicht durch die Vorteilsannahme, sondern<br />
durch die pflichtwidrige Diensthandlung. Vorteilsgeber und Vorteilsnehmer sind beide an der Verschleierung<br />
interessiert. Es fehlt an einem unmittelbaren, persönlich betroffenen Opfer, wie bei Diebstahl oder<br />
Raub, das ein eigenes Interesse an der Strafverfolgung haben könnte.<br />
Entdeckung und Aufklärung hängen, wie bei allen Delikten ohne unmittelbare Opferbeteiligung, in hohem<br />
Maße ab von der Dichte der Kontrollmechanismen und -aktivitäten der Verwaltung und der Wirtschaft<br />
sowie von den Kontrollaktivitäten der Strafverfolgungsorgane. Die Anzeigebereitschaft scheint<br />
indes in der Vergangenheit nicht sonderlich hoch gewesen zu sein. "Es bestehen Anhaltspunkte, dass die<br />
Bereitschaft der Amtsleiter, in Verdachtsfällen die Strafverfolgungsorgane einzuschalten, nicht sehr stark<br />
ausgeprägt ist. Bei einer Befragung von Amtsleitern im Rahmen eines Forschungsprojektes des Bundeskriminalamtes<br />
nahmen 37% der Amtsleiter an, dass alle in den Behörden auftretenden Korruptionsfälle<br />
angezeigt werden, nach Ansicht von 18% werden die meisten Taten angezeigt und nach Auffassung von<br />
542<br />
Im Vergleich der westlichen Länder nahmen Italien und Deutschland damit Spitzenpositionen ein, Schweiz und Frankreich<br />
lagen am unteren Ende. Ebenda, S. 244, wird darauf hingewiesen, dass hier auch Medieneffekte wirksam geworden sein könnten.<br />
543<br />
OHLEMACHER, T., 1998, S. 73.<br />
544<br />
Eingeleitet wurde die Frage nach der Korruptionsbetroffenheit durch eine Formulierung, die auf Korruption von Beamten<br />
abzielte: "Geschäftsleute Ihrer Branche haben es ja häufiger mit verschiedenen Behörden zu tun. Nun kann es sein, dass man<br />
dabei auch auf Beamte trifft, die sich persönlich bereichern wollen. Damit meinen wir Beamte, die entweder für Diensthandlungen<br />
Geld, Waren oder andere Gegenleistungen fordern oder aber versuchen, durch ihr Wissen Geschäftsleute entsprechend unter<br />
Druck zu setzen - egal, ob es nun Beamte bei der Polizei oder in den Verwaltungen sind." Gefragt wurde sodann "Waren Sie<br />
selbst schon einmal mit korrupten Beamten konfrontiert?".<br />
545<br />
Vgl. OHLEMACHER, T., 1998, S. 66, Schaubild 5. Die Unterschiede, die sich bei einer Differenzierung nach Ortsgrößenklassen<br />
ergeben, sind wegen der dann sehr kleinen Zahl der Befragten kaum verallgemeinerbar.<br />
546<br />
Die Ausschöpfungsrate der telefonischen Befragung betrug 21%, die der schriftlichen Befragung 11%; vgl. OHLEMACHER, T.,<br />
1998, S. 46.