Innere Sicherheit
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Seite 312<br />
Vergleichende Aussagen über die Kriminalitätsbelastung von Zuwanderern und Deutschen sind nur dann<br />
seriös, wenn die beiden Gruppen vergleichbar sind. Aber schon auf der Ebene des kriminalstatistischen<br />
Ausweises bestehen eine Reihe von Verzerrungsfaktoren, die überwiegend zu Lasten von Zuwanderern<br />
gehen.<br />
- Bestimmte Delikte, insbesondere Verstöße gegen das Ausländergesetz und das Asylverfahrensgesetz,<br />
können praktisch nur von Nichtdeutschen begangen werden. Im Zusammenhang mit der Zuwanderung<br />
tritt ferner häufig auch das Delikt Urkundenfälschung auf.<br />
- Die Zahlen registrierter Tatverdächtiger sind abhängig von aktuellen Veränderungen der Zuwandererpopulation,<br />
die jeweils mehr als eine halbe Million Zuzüge und Wegzüge im Jahr umfasst. An sich<br />
sind Vergleiche nur dann aussagekräftig, wenn sie bezogen werden können auf je 100.000 der Wohnbevölkerungen<br />
der entsprechenden Gruppe. Die Bevölkerungsstatistik erfasst jedoch bestimmte Ausländergruppen<br />
nicht. Hierzu zählen insbesondere solche Gruppen, die entweder nicht meldepflichtig<br />
sind (Touristen/Durchreisende, Besucher, Stationierungsstreitkräfte), oder die sich illegal im Bundesgebiet<br />
aufhalten. Bei den Tatverdächtigen werden diese Gruppen aber miterfasst. Andererseits werden<br />
nicht alle Wegzüge einberechnet, weil Abmeldungen zuweilen versäumt werden. Weil es deshalb<br />
irreführend wäre, Tatverdächtige in Relation zur registrierten nichtdeutschen Bevölkerung zu setzen,<br />
verzichtet das Bundeskriminalamt schon seit 1989 auf die Berechnung von Tatverdächtigenbelastungszahlen<br />
(TVBZ) für die Nichtdeutschen.<br />
- Deutsche und Nichtdeutsche weisen eine strukturell deutlich unterschiedliche Zusammensetzung auf.<br />
Alle strukturellen Unterschiede (siehe unter 2.11.1.2.2 für die differente Alters-, Geschlechts- und<br />
Sozialstruktur, Arbeitslosenquote, Ausbildung und räumliche Verteilung) erhöhen nach kriminologischer<br />
Erfahrung die Gefahr der Kriminalitätsbegehung. Wenn z. B. 48% der Ausländer (aber nur 29%<br />
der Deutschen) in großstädtischen Ballungszentren leben, in denen auch die deutsche Bevölkerung<br />
eine im Vergleich zur Gesamtbevölkerung überproportional hohe Kriminalitätsbelastung aufweist, ist<br />
schon strukturell eine höhere Tatverdächtigenrate bei Ausländern erwartbar.<br />
- Vergleichbarkeit setzt ferner voraus, dass bei vergleichbaren Delikten die Verdachtsgewinnung, die<br />
Anzeigebereitschaft und die Verfolgungsintensität bei Deutschen gegenüber Nichtdeutschen keine<br />
gravierenden Unterschiede aufweist. Dies ist aus verschiedenen Gründen nicht der Fall.<br />
Die danach erforderliche Differenzierung ist nur hinsichtlich eines Teils der (statistischen) Verzerrungsfaktoren<br />
und nur bei einer Auswertung der - auf Bundesebene nicht vorliegenden - Rohdatensätze der<br />
PKS möglich. Unter dieser Einschränkung stellte die Kriminologische Forschungsgruppe der Bayerischen<br />
Polizei im Bayerischen Landeskriminalamt in Fortschreibung einer Sonderauswertung 971 der PKS Bayern<br />
für 1999 fest, dass<br />
- die auf die insgesamt ermittelten Tatverdächtigen (im Alter ab acht Jahren) bezogene Kriminalitätsbelastung<br />
der Nichtdeutschen, also die Anzahl der Tatverdächtigen pro 100.000 der jeweiligen Wohnbevölkerung,<br />
um das 4,9fache höher ist als die der Deutschen,<br />
- sich die Überhöhung der Kriminalitätsbelastung der Nichtdeutschen auf das 2,7fache reduziert, wenn<br />
nur die melderechtlich erfassten Tatverdächtigen berücksichtigt und zur (gemeldeten) Wohnbevölkerung<br />
in Beziehung gesetzt werden,<br />
- sich die Überhöhung auf das 2,4fache reduziert, wenn ferner die Delikte ausgeklammert werden, die<br />
nur von Nichtdeutschen verübt werden können, nämlich Verstöße gegen das Ausländergesetz und gegen<br />
das Asylverfahrensgesetz,<br />
- sich die Überhöhung auf das 2,3fache reduziert, wenn nur die männlichen deutschen/nichtdeutschen<br />
Tatverdächtigen verglichen werden,<br />
971 Vgl. STEFFEN, W., 1992.<br />
PSB