Innere Sicherheit
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PSB Seite 249<br />
Die OK-Definition stellt keine Legaldefinition dar. Sie ist vielmehr als Arbeitsdefinition konzipiert, die<br />
strafrechtliche, soziologische, psychologische und ökonomische Elemente umfasst und im Ergebnis die<br />
Subsumtion bestimmter Erscheinungsformen unterschiedlichster Straftatbestände unter den durch die<br />
Arbeitsgemeinschaft Justiz/Polizei im Mai 1990 festgelegten Begriff von Organisierter Kriminalität ermöglichen<br />
soll. Organisierte Kriminalität gilt dabei als Qualifikationstatbestand "normal-kriminellen"<br />
Verhaltens, anhand dessen bestimmte, meist deliktsübergreifende Aktivitäten und ihre gesellschaftsbedrohende<br />
Wirkung beurteilt werden können sollen. Die Definition und ihre Zielsetzung sowie Problemfälle<br />
werden durch "Hinweise zur praktischen Anwendung der Definition Organisierte Kriminalität" der<br />
Arbeitsgemeinschaft Justiz/Polizei für den Anwender erläutert und kommentiert.<br />
2.9.5.1 Grundlagen und Aufbau des Lagebildes<br />
Anfänglich stützte sich die Lageerhebung mit dem Ziel, Aussagen zur Existenz und zum Ausmaß Organisierter<br />
Kriminalität in Deutschland zu treffen, vordringlich auf statistische Daten. Neue Informationsbedürfnisse<br />
auf Seiten der Polizeiführung in Bund und Ländern führten zu einer Fortentwicklung des Lagebildes.<br />
Dabei standen Forderungen nach einer stärkeren Hervorhebung qualitativer Aspekte im Vordergrund.<br />
Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, wird zusätzlich zu den quantitativen Erhebungen<br />
seit 1998 eine Strukturanalyse durchgeführt, deren Ergebnisse in das Lagebild mit eingehen.<br />
Ziel dieser Strukturanalyse ist eine qualitative Bewertung von OK-Täterstrukturen, und zwar einerseits<br />
mit Blick auf die in Deutschland anzutreffenden Gruppenstrukturen und andererseits mit der Zielrichtung,<br />
Spezifika der OK-relevanten Kriminalitätsbereiche zu identifizieren. Eine vergleichende Gewichtung und<br />
Bewertung des Verhältnisses der verschiedenen Phänomene zueinander soll eine Dimensionierung des<br />
Gesamtphänomens und einen sachgerechten Ressourceneinsatz ermöglichen.<br />
Die Bewertung von OK-Strukturen wird im so genannten "OK-Potenzial" ausgedrückt. Es spiegelt den<br />
jeweiligen Organisationsgrad und den Professionalisierungsgrad der Tätergruppierungen wider. Diese<br />
Bewertung wird auf der Basis der von den Ländern mitgeteilten Informationen zu den "Generellen Indikatoren<br />
zur Erkennung OK-relevanter Sachverhalte" im Bundeskriminalamt anhand einer Auszählung<br />
und spezifischen Gewichtung der einzelnen Indikatoren getroffen. Das OK-Potenzial wird auf einer von 0<br />
bis 100 Punkte reichenden Skala abgebildet. Für die den OK-Verfahren zugrunde liegenden Tätergruppierungen<br />
wurden hinsichtlich ihres Organisations- und Professionalisierungsgrades drei Kategorien gebildet:<br />
hohes OK-Potenzial (über 60 Punkte), mittleres OK-Potenzial (30 bis 60 Punkte) und niedriges OK-<br />
Potenzial (unter 30 Punkte).<br />
Für 70 aller 816 Gruppierungen ergab sich ein "hohes OK-Potenzial", also ein relativ stabil ausgeprägter<br />
Grad von Professionalisierung und Organisationsstruktur. Diese Gruppierungen wird man mindestens<br />
dem Kernbereich von professionell-organisierter Kriminalität zurechnen können, einige von ihnen zeigten<br />
aber auch Merkmale länger arbeitender krimineller Vereinigungen auf, im Einzelfall sogar Kennzeichen<br />
des mafiosen Typs, also insgesamt Elemente von strategischem, auf Diversifikation angelegtem, deliktsübergreifendem<br />
Verhalten, verbunden mit mehr als nur lockeren persönlichen Verflechtungen der Beteiligten<br />
und gemeinsamen soziokulturellen Einbindungen.<br />
Die Kategorie des "mittleren OK-Potenzials", die aus wissenschaftlicher Sicht maximal dem Bereich der<br />
professionell-organisierten Kriminalität zuzurechnen sein wird, machte mit 499 Nennungen den größten<br />
Anteil der Gruppierungen aus.<br />
247 Gruppierungen zeigten schließlich nur ein "niedriges OK-Potenzial", erfüllten also beispielsweise nur<br />
einzelne Kriterien oder zwar mehrere Kriterien, diese aber nur in gewisser Annäherung. Aufgrund der<br />
oben angesprochenen wissenschaftlichen Erhebungen könnte man beispielsweise hierzu rechnen: locker<br />
strukturierte kleine Tätergemeinschaften, die sich zu einem vorübergehenden konkreten (kriminellen)