Innere Sicherheit
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Seite 88<br />
der in den vergangen Jahrzehnten stattgefunden hat. Über kurzfristigere Entwicklungen sind auf dieser<br />
Basis allerdings keine Aussagen möglich. Hier wären gleichartige Wiederholungsstudien erforderlich, um<br />
zuverlässige Einschätzungen vornehmen zu können.<br />
Folgen sexuellen Kindesmissbrauchs<br />
Sexuelle Missbrauchserfahrungen können bei den davon betroffenen Kindern Folgen in den unterschiedlichsten<br />
Formen auslösen. 278 Neben psychischen Schädigungen, die sich in Ängsten, Depressionen,<br />
Schul- und Leistungsproblemen sowie in Form eines sexualisierten Verhaltens und Aggressionen zeigen<br />
können, sind auch unmittelbare körperliche Schädigungen zu nennen. Derartige Schädigungen können<br />
unterschieden werden in einerseits kurzfristige, in der Kindheit auftauchende Probleme und langfristige,<br />
bis in das Erwachsenenalter reichende Störungen. 279 So wurde in der oben erwähnten bundesdeutschen<br />
Repräsentativstudie festgestellt, dass für weibliche Opfer sexuellen Kindesmissbrauchs das Risiko, als<br />
Erwachsene erneut Opfer sexueller Gewalt zu werden, signifikant erhöht war. Diese auch international<br />
empirisch gestützte Reviktimisierungsthese 280 wurde in einer weiteren bundesdeutschen Untersuchung in<br />
jüngster Zeit nochmals bestätigt. 281<br />
Allerdings existiert keine für den sexuellen Kindesmissbrauch spezifische Symptomatik. 282 Insbesondere<br />
ist zu beachten, dass sexueller Kindesmissbrauch oft mit einer größeren Anzahl weiterer Belastungsfaktoren<br />
einhergeht, wie beispielsweise der körperlichen Misshandlung oder der emotionalen Vernachlässigung,<br />
die gleichfalls zu Schädigungsfolgen beitragen können. 283 Insofern können unterschiedlichste<br />
Schädigungsursachen zusammentreffen. Außerdem ist aus der Forschungsliteratur bekannt, dass ein nicht<br />
unerheblicher Teil der Opfer weder kurz- noch langfristige Folgen erkennen lässt, wobei hier allerdings<br />
auch mit noch unerkannten, zum Teil zeitlich erst später eintretenden Störungen gerechnet werden<br />
muss. 284<br />
Neben den mit der Viktimisierung unmittelbar verbundenen Folgen ist auch auf das Risiko einer so genannten<br />
sekundären Viktimisierung durch ein Strafverfahren zu verweisen. 285 Zwar können solche sekundären<br />
Schädigungen in der Tat eintreten, dies hängt jedoch sehr stark von individuellen Eigenarten auf<br />
Seiten der Kinder ab. Keinesfalls kann davon ausgegangen werden, dass ein Strafverfahren für Kinder in<br />
jedem Falle eine schädigende Erfahrung darstellt. Vielmehr zeigen Untersuchungen, das Kinder durchaus<br />
auch durch ein Verfahren Entlastung erleben können. Wie sich die Situation des Strafverfahrens auf<br />
Kinder auswirkt hängt in hohem Maße von der konkreten Ausgestaltung des Verfahrensablaufs ab, für<br />
den durchaus Möglichkeiten einer kind- und verfahrensgerechten Vorbereitung und Ausgestaltung bestehen.<br />
286<br />
2.2.1.3 Zur Verbreitung von Tathandeln und dessen justizieller Verfolgung<br />
Im Unterschied zu Opferbefragungen, die eine etablierte Methode der kriminologisch-epidemiologischen<br />
Untersuchung der sexuellen Gewalt gegen Kinder darstellen, dienen Erhebungen bei amerikanischen<br />
inhaftierten Sexualstraftätern 287 primär der Prüfung ätiologischer Hypothesen zur Erklärung sexueller<br />
278 Vgl. KENDALL-TACKETT, K. A., MEYER-WILLIAMS, L. und D. FINKELHOR, 1993; JUMPER, S. A., 1995.<br />
279 Vgl. BEITCHMAN, J. H., ZUCKER, K. J., HOOD, J. E., DACOSTA, G. A., AKMAN, D. A. und E. CASSAVIA, 1992.<br />
280 Vgl. GIDYCZ, C. A. u. a., 1993; KOSS, M. P. und T. E. DINERO, 1989.<br />
281 Vgl. KRAHE, B. u. a., 1999.<br />
282 Vgl. KENDALL-TACKETT, K. A., MEYER-WILLIAMS, L. und D. FINKELHOR, 1993; DEEGENER, G., 2000, S. 197 ff.<br />
283 Vgl. MOELLER, T. P., BACHMANN, G. A. und J. R. MOELLER, 1993; MULLEN, P. E., MARTIN, J. L., ANDERSON, J. C., ROMANS,<br />
S. E. und G. P. HERBISON, 1996; WETZELS, P., 1997a.<br />
284 Vgl. KENDALL-TACKETT, K. A., MEYER-WILLIAMS, L. und D. FINKELHOR, 1993; DEEGENER, G., 2000.<br />
285 Vgl. VOLBERT, R. und V. PIETERS, 1993; BUSSE, D., VOLBERT, R. und M. STELLER, 1997.<br />
286 Vgl. BUSSE, D. und R. VOLBERT, 1998.<br />
287 Vgl. BRIGGS, F. und R. M. F. HAWKINS, 1996; DHAWAN, S. und W. L. MARSHALL, 1996; GRAHAM, K. R., 1996; GROTH,<br />
A. N., 1979.<br />
PSB