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Innere Sicherheit

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PSB Seite 321<br />

72%. 999 Wenn innerhalb der Gruppe junger Zuwanderer bei leichter Kriminalität eher die vorübergehend<br />

in Deutschland Lebenden, bei mittleren und schwereren Taten aber die hier Aufgewachsenen ohne deutschen<br />

Pass dominieren, deutet dies auf Integrationsprobleme in Teilen der zweiten Generation hin. Nach<br />

einer bayerischen Studie bezog sich diese Mehrbelastung auf Delikte wie Raub und gefährliche und<br />

schwere Körperverletzung. 1000 Konsistent mit dieser auf polizeilich registrierte Kriminalität bezogenen<br />

Beobachtung sind Ergebnisse von Schülerbefragungen, die das Kriminologische Forschungsinstitut Niedersachsen<br />

1998 in verschiedenen Städten Deutschlands durchführte. Die selbstberichtete Beteiligung an<br />

Gewalttaten wies für die Altersgruppe 14- bis 18-Jähriger Prävalenzraten bei Deutschen in Höhe von<br />

19%, bei Türken von 34% und Jugendlichen aus dem ehemaligen Jugoslawien von 29% auf. 1001 Mehrere<br />

Aspekte machen diese Unterschiede nachvollziehbar:<br />

(1) Die jungen Ausländer finden sich in Deutschland nach Berufstätigkeit der Eltern und eigenem Bildungsniveau<br />

überwiegend sozial in die Unterschicht eingeordnet. Rein statistisch wäre bei Unterschichtangehörigen<br />

ohnehin eine größere Beteiligung an Gewalthandlungen zu erwarten. 1002<br />

(2) Auch kann die unterprivilegierte soziale Lage der Zuwanderer in den neunziger Jahren mit einer stärkeren<br />

Segmentierung der Gesellschaft einhergehen. Gefördert durch eine der Vereinigung folgende wachsende<br />

Tendenz zu Fremdenfeindlichkeit einerseits, durch den vielfach beklagten "Rückschritt in der Bildungspartizipation<br />

von Schülern ausländischer Herkunft" 1003 andererseits, könnten Frontstellungen entstanden<br />

und gewachsen sein, die aus dem Mangel an Anerkennung sowie der Erfahrung sozioökonomischer<br />

Ungleichheit gespeist Aggression und Wut tendenziell verstärken. 1004<br />

(3) Allerdings könnte auch eine statistische Überzeichnung dadurch entstehen, dass junge Zuwanderer<br />

Straftaten etwas häufiger aus Gruppen heraus begehen. Während 90% der Zuwandererjugendlichen ihre<br />

Taten gemeinschaftlich begingen, traf das nur für 80% der deutschen Jugendlichen zu. 1005 Dadurch werden<br />

je aufgeklärte Tat tendenziell immer mehr Zuwanderer als Verdächtige identifiziert, wodurch die<br />

Tatverdächtigenrate kontinuierlich überhöht wird.<br />

2.11.1.7.3 Spezielle Delikte mit hoher Zuwandererbeteiligung<br />

Die bisherige Erörterung der Kriminalität von Zuwanderern ohne deutschen Pass bezog sich vorrangig<br />

auf die zur Gesamtbelastung mit Kriminalität maßgeblich beitragenden Delikte. Dabei blieben spezielle<br />

und seltener registrierte Deliktformen unerörtert. Auch wenn sie zahlenmäßig eine geringe Rolle spielen,<br />

können sie doch im Polizeialltag bestimmter Regionen beachtliche Bedeutung besitzen. Dazu gehören<br />

Glücksspiele, Einfuhr von Betäubungsmitteln, Schmuggel von unversteuerten Produkten (Zigaretten) und<br />

Geldwäsche. Viele dieser Delikte sind Kontrolldelikte, d. h. ihre Entdeckung ist abhängig von jeweiligen<br />

Schwerpunkten und Strategien polizeilicher Ermittlung. Trendbeschreibungen und -analysen wären daher<br />

irreführend; auf sie zu verzichten, bedeutet keinesfalls eine Verharmlosung ihrer Realität.<br />

2.11.1.8 Zusammenfassung und Ausblick<br />

Insgesamt kann davon ausgegangen werden, dass die ausländische Wohnbevölkerung nach Bildung und<br />

Stellung im Beruf sowie Einkommens- und Wohnsituation schlechter gestellt ist als die deutsche. 1006<br />

Darüber hinaus wird sie von der deutschen Bevölkerung und der Polizei besonders aufmerksam beo-<br />

999<br />

Vgl. BUNDESKRIMINALAMT, Polizeiliche Kriminalstatistik 1999, S.121-1, Tabelle ET2.<br />

1000<br />

Vgl. STEFFEN, W., 1998, S. 675.<br />

1001<br />

Vgl. ENZMANN, D. und P. WETZELS, 2000, S. 152.<br />

1002<br />

Vgl. LUFF, J., 1996, S. 465 mwN.<br />

1003<br />

Vgl. BERICHT DER BEAUFTRAGTEN DER BUNDESREGIERUNG FÜR AUSLÄNDERFRAGEN ÜBER DIE LAGE DER AUSLÄNDER IN DER<br />

BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND, 1997, S. 19.<br />

1004<br />

Für ähnliche Zusammenhänge in Frankreich vgl. DUBET, F., 1997.<br />

1005<br />

Vgl. STEFFEN, W. und E. ELSNER, 1999, S. 341.<br />

1006<br />

Vgl. REBMANN, M., 1998, S. 268.

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