Innere Sicherheit
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PSB Seite 159<br />
Zur Verbesserung des materiellen Wirtschaftsstrafrechts wurde 1972 vom Bundesministerium der Justiz<br />
eine Sachverständigenkommission zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität berufen. Auf der Grundlage<br />
der Vorschläge dieser Kommission wurde der Gesetzgeber in den vergangenen Jahrzehnten tätig. Im<br />
Wesentlichen wurden die Weichen durch das 1. und 2. Gesetz zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität<br />
von 1976 und 1986 gestellt. 484 Künftige Ergänzungen ergeben sich insbesondere aus der Umsetzung<br />
internationaler Rechtsinstrumente etwa im Bereich der Korruption, der Zahlungskarten-, Internet- und<br />
Computerkriminalität.<br />
2.4.8 Zusammenfassung und Ausblick<br />
Im Unterschied zu zahlreichen anderen Kriminalitätsfeldern bestehen erhebliche Wissenslücken vor allem<br />
und zunächst mit Blick auf das Dunkelfeld der Wirtschaftskriminalität. Deshalb kann derzeit lediglich<br />
begründet vermutet werden, das Dunkelfeld sei relativ groß. Erhebliche Wissenslücken bestehen ferner<br />
hinsichtlich der theoretischen Erklärung von Wirtschaftskriminalität und damit sowohl für eine theoriegeleitete<br />
Analyse der Verhaltensphänomene als auch der Steuerungsmöglichkeiten durch das Recht.<br />
Das Wissen über die Häufigkeit des Vorkommens von Wirtschaftskriminalität sowie über die dadurch<br />
verursachten Schäden beschränkt sich fast ausschließlich auf die sog. Hellfeldkriminalität, d. h. auf die<br />
den Strafverfolgungsbehörden bekannt gewordenen Delikte. Hinzu kommt, dass die offizielle Kenntnis<br />
der meisten Delikte, im Gegensatz zu den in der Regel von Privatpersonen angezeigten Delikten der klassischen<br />
Eigentums- und Vermögenskriminalität, auf eigenen Ermittlungen der Strafverfolgungsorgane<br />
beruht. Umfang und Entwicklung registrierter Wirtschaftskriminalität sind deshalb in ganz erheblichem<br />
Maße von diesbezüglicher Schwerpunktsetzung und Ressourcenzuweisung abhängig. Rückschlüsse von<br />
Struktur und Entwicklung der registrierten Kriminalität auf das Dunkelfeld sind deshalb kaum möglich.<br />
Die erheblichen jährlichen Schwankungen sowohl im Fallaufkommen als auch bei den registrierten Schadenssummen<br />
beruhen weitgehend auf Großverfahren mit zahlreichen Einzelfällen.<br />
Kennzeichnend für Wirtschaftskriminalität (im Hellfeld) sind vor allem der hohe materielle Schaden, die<br />
beträchtliche Zahl der Einzelfälle, die Vielzahl der Geschädigten und der relativ kleine Täterkreis. Zu<br />
vermuten sind ferner erhebliche immaterielle Schäden. Deshalb kommt der Prävention von Wirtschaftskriminalität<br />
besondere Bedeutung zu.<br />
Grundlegende Voraussetzung für eine lageangepasste Prävention ist, dass die Deliktsfelder und Kriminalitätsformen<br />
möglichst frühzeitig, zuverlässig und vollständig erfasst werden. Derzeit besteht eine erhebliche<br />
Kluft zwischen dem empirischen/theoretischen Wissensstand und dem in der Rechtspolitik diskutierten<br />
Handlungsbedarf. Zumindest hinsichtlich der Hellfeldkriminalität kann diese Wissenslücke verringert<br />
werden. Wirtschaftskriminalität ist in den amtlichen Kriminal- und Strafrechtspflegestatistiken nur<br />
unvollständig und nicht hinreichend differenziert erfasst. Als Planungs- und Informationsinstrument sind<br />
diese Nachweise (im besten Fall) nur bedingt tauglich. Deshalb muss die derzeit unzulängliche Datenbasis<br />
verbessert werden. Dem dient auf der Ebene der Polizei die Erstellung des erstmals für das Berichtsjahr<br />
2000 geplanten Bundeslagebildes Wirtschaftskriminalität. Es wird zu prüfen sein, inwieweit eine<br />
Erstreckung auf die Ebenen von Staatsanwaltschaft und Gericht erforderlich ist, um Schwierigkeiten in<br />
der strafrechtlichen Verfolgung von Wirtschaftskriminalität besser erkennen und beseitigen zu können.<br />
Wirtschaftskriminalität ist in hohem Maße Kontrollkriminalität. Deshalb ist es erforderlich, dass die Voraussetzung<br />
sowohl für eine wirksame Prävention als auch für eine effektive Anwendung des Strafrechts<br />
verbessert werden. Die Bestandsaufnahme hinsichtlich der Nutzung präventiver Möglichkeiten durch die<br />
Strafverfolgungsorgane, insbesondere durch die Polizei, hat erhebliche Defizite erkennen lassen. Das vom<br />
484<br />
Zu einem Überblick über die Reformen auf dem Gebiet des materiellen Wirtschaftsstrafrechts vgl. DANNECKER, G., 2000,<br />
S. 27 ff.; HEINZ, W., 1998c, S. 32 ff.