Innere Sicherheit
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Seite 84<br />
gung" zusammengefasst wurden, bei gleichzeitiger Erweiterung der Tatbestände. Für den sexuellen Kindesmissbrauch<br />
ist ab etwa 1988 ein Anstieg festzustellen. Nach 1992 fallen die Opferziffern der Jahre<br />
1993 bis 1995 deutlich niedriger aus.<br />
1995 wurde für Gesamtdeutschland eine Opferziffer festgestellt, die etwa der des Jahres 1985 in den alten<br />
Ländern entsprach. Einem anschließenden Zuwachs bis 1997 folgte von 1998 auf 1999 wiederum ein<br />
Rückgang. Im Ergebnis lag die Opferziffer, sofern man die Vergewaltigungen und den sexuellen Kindesmissbrauch<br />
zusammenfasst, im Jahr 1992 mit 192,8 Opfern je 100.000 der Altersgruppe (alte Länder<br />
und Berlin) am höchsten. 1999 liegt diese Rate mit 166,4 für Gesamtdeutschland etwa auf einem Niveau,<br />
wie es 1986 mit 163,6 für die alten Länder festgestellt wurde. Auffallend ist jedoch, dass eine Verschiebung<br />
in Richtung auf die rechtlich schwerwiegenderen Tatbestände der Vergewaltigung/sexuellen Nötigung<br />
stattgefunden hat. Es ist allerdings unklar, ob sich das Tatverhalten, die rechtliche Bewertung oder<br />
das Anzeigeverhalten speziell bei schwerwiegenden Vorfällen gewandelt hat.<br />
2.2.1.2 Dunkelfeldstudien zur Viktimisierung durch sexuellen Kindesmissbrauch<br />
Eine Methode, über die polizeilich erfassten Fälle hinaus Aufschluss über die Verbreitung der sexuellen<br />
Gewalt gegen Kinder zu gewinnen, besteht in der direkten Befragung von Personen zu ihren Opfererfahrungen.<br />
Speziell zur sexuellen Gewalt gegen Kinder stützen sich die national wie international vorliegenden<br />
Dunkelfelduntersuchungen in erster Linie auf Befragungen von Erwachsenen zu Opfererlebnissen. 260<br />
Eine Schwierigkeit dieser Vorgehensweise besteht darin, dass zwischen Opfererfahrung und Befragung<br />
viele Jahre liegen. Erlebnisse können zwischenzeitlich vergessen oder aber umgedeutet sein. Erst in<br />
jüngster Zeit wurden zwei Studien durchgeführt, in denen auch jüngere Jugendliche zu diesbezüglichen<br />
Erlebnissen befragt wurden. 261<br />
Ausländische Untersuchungen<br />
Beginnend mit der US-Studie aus dem Jahr 1979 finden sich ab Ende der siebziger Jahre zahlreiche Studien<br />
zur Verbreitung sexueller Missbrauchserfahrungen, die mit nicht-klinischen Stichproben durchgeführt<br />
wurden. 262 Bis Mitte der achtziger Jahre waren diese empirischen Arbeiten auf Befragungen studentischer<br />
sowie regional begrenzter Stichproben beschränkt. Deren Ergebnisse sind sehr heterogen. Die<br />
festgestellten Opferraten variieren für Frauen zwischen 6% und 62% und für Männer zwischen 3% und<br />
31%. 263 FINKELHOR hat in einem Überblick insgesamt neun national-repräsentative Untersuchungen mit<br />
Zufallsstichproben beschrieben. 264 Die dabei festgestellten Prävalenzraten schwanken für Frauen zwischen<br />
9% und 33%, bei Männern zwischen 3% und 16%. Der Anteil innerfamiliärer Vorfälle an der<br />
Gesamtzahl der Missbrauchserfahrungen liegt für Frauen zwischen 14% und 44%, für Männer zwischen<br />
0% und 25%. 265<br />
Die Erklärungen dieser enormen Spannbreiten verweisen auf methodische und definitorische Aspekte. 266<br />
So wurden schriftliche, telefonische und persönlich-mündliche standardisierte Befragungen, aber auch<br />
Tiefeninterviews verwendet. Die Anzahl der zur Erhebung von Missbrauchserlebnissen verwendeten Fragen<br />
waren ebenso wie deren Formulierung sehr unterschiedlich. Auch die Rücklaufquoten variieren be-<br />
260<br />
Eine Befragung von Eltern über Erfahrungen ihrer Kinder führten FINKELHOR, D., MOORE, D., HAMBY, S. L. und M. A.<br />
STRAUS, 1997, durch. Diese Methode hat sich jedoch nicht bewährt.<br />
261<br />
Vgl. SARIOLA, H. und A. UUTELA ,1994 und 1996; HALPERIN, D. S. u. a., 1996.<br />
262<br />
Zum Überblick vgl. BANGE, D., 1995; PETERS, S. D., WYATT, G. E. und D. FINKELHOR, 1986.<br />
263<br />
Vgl. PETERS, S. D., WYATT, G. E. und D. FINKELHOR, 1986.<br />
264<br />
Vgl. FINKELHOR, D., 1994.<br />
265<br />
In einer neueren, in FINKELHORS Überblick noch nicht erfassten national repräsentativen Studie mit etwa 1.000 Frauen aus den<br />
USA wird festgestellt, dass in Abhängigkeit von den verwendeten Definitionen die Rate der weiblichen Opfer sexuellen Missbrauchs<br />
zwischen 15% und 32% schwankt; vgl. VOGELTANZ, et al. 1999.<br />
266<br />
Vgl. ERNST, C., ANGST, J. und M. FÖLDENYI, 1993; PETERS, S. D., WYATT, G. E. und D. FINKELHOR, 1986; ELLIGER, T. J. und<br />
K. SCHÖTENSACK, 1991; JULIUS, H. und U. BÖHME, 1994.<br />
PSB