Innere Sicherheit
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PSB Seite 313<br />
- schließlich die Gruppe der nichtdeutschen 14- bis 21-jährigen männlichen Tatverdächtigen eine um<br />
das 1,9fache (21- bis 24-jährige männliche Tatverdächtige 1:2,1) höhere Belastung im Vergleich zur<br />
alters- und geschlechtsgleichen Gruppen der deutschen Tatverdächtigen aufweist. 972<br />
Wie dieser für eine alters- und geschlechtsgleiche Gruppe unter Kontrolle einiger statistischer Verzerrungsfaktoren<br />
vorgenommene Vergleich zeigt, weisen danach junge, männliche Zuwanderer - insgesamt<br />
gesehen - zwar eine deutlich höhere Belastung als die deutsche Vergleichsgruppe auf. Diese Belastung ist<br />
aber um ein Mehrfaches geringer als es der unkorrigierte Vergleich der Kriminalitätsbelastungszahlen<br />
suggeriert. Dabei ist zu berücksichtigen, dass auch nach Kontrolle der statistischen Verzerrungsfaktoren<br />
keine völlig vergleichbaren Gruppen entstehen. Dazu müssten auch sozialstrukturelle Merkmale, insbesondere<br />
Merkmale der sozialen Lage, und die Dichte der sozialen Kontrolle berücksichtigt werden. Beispielsweise<br />
weist die Stadtbevölkerung (zu der Ausländer überproportional zählen) gegenüber der Landbevölkerung<br />
eine nahezu doppelt so hohe Kriminalitätsbelastung auf. Diesbezüglich enthält jedoch die<br />
PKS keine zur Kontrolle verwendbare Aufgliederung.<br />
2.11.1.4.3 Möglichkeiten und Grenzen besserer Vergleichbarkeit<br />
Angesichts dieser strukturellen Unterschiede läge es nahe, zum Vergleich der Kriminalitätsbelastung aus<br />
der deutschen Bevölkerung jene Untergruppe auszuwählen, die nach (niedrigerem) Durchschnittsalter,<br />
(größerem) Männeranteil, (niedrigerer) Schichtzugehörigkeit, (höherer) Arbeitslosigkeit und (häufigerer)<br />
Ansiedlung in Großstädten der Ausländerpopulation besser entsprechen würde. Eine solche Vergleichsgruppe<br />
steht aufgrund der in der PKS erfassten Daten nicht zur Verfügung. Es ist nur begrenzt möglich 973 ,<br />
die verzerrenden Einflussgrößen in Modellrechnungen zu korrigieren. 974 Dabei ist zu berücksichtigen,<br />
dass in solchen Modellen wichtige Merkmale der Lebenssituation von Ausländern nicht berücksichtigt<br />
werden konnten. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass beispielsweise Fremde in manchen Regionen<br />
Ausgrenzung und Diskriminierung erfahren. Gelegentlich weist ihre Wohnsituation Trends zur Segregation<br />
(Ghettoisierung) auf. Vor allem ergibt sich aus der Registrierung aller Ausländer eine zusätzliche<br />
Kontrolle, die einerseits bei Verstößen gegen das Ausländerrecht Anschlussermittlungen hinsichtlich<br />
weiterer Straftaten auslösen kann. Auch kann die Verfügbarkeit des Ausländerregisters als Fahndungshilfe<br />
bei der Ermittlung von Tatverdächtigen aufgrund von Anzeigen mit Personenbeschreibungen dienen.<br />
Eine eindeutige empirische Klärung des Zusammenhangs aller genannten Faktoren mit der Kriminalitätsrate<br />
steht allerdings noch aus; soweit ersichtlich, konnten bislang in keiner der Untersuchungen sämtliche<br />
Verzerrungsfaktoren, insbesondere hinsichtlich der sozialen Lage, berücksichtigt werden 975 .<br />
2.11.1.5 Strafverfolgung und Verurteilung durch Gerichte<br />
Bei der Gegenüberstellung der PKS mit der Strafverfolgungsstatistik ergab sich lange Zeit ein Schwund.<br />
Verschiedene Vergleichsstudien kamen zum Ergebnis, dass der Anteil der nichtdeutschen Zuwanderer an<br />
den Verurteilten geringer ist als ihr Anteil an den Tatverdächtigen. Die Reduktion der Quote durch<br />
Staatsanwaltschaft und Gericht wurde als Indiz gewertet, dass Ausländer häufiger angezeigt 976 bzw. von<br />
der Polizei als Täter verdächtigt werden 977 , dass bei ihnen oft wegen Bagatellen polizeilich ermittelt wird<br />
und dass Tatvorwürfe übertrieben hoch eingestuft werden. Die Korrektur durch Einstellungen der Verfahren<br />
gilt als eine Gegensteuerung. Vermutet wurde aber auch, dass Verfahrenseinstellungen bei Zuwande-<br />
972<br />
Schriftliche Mitteilung der Kriminologischen Forschungsgruppe der Bayerischen Polizei im Bayerischen Landeskriminalamt<br />
vom 10.10.2000.<br />
973<br />
So auch GEBAUER, M., 1998, S.583; REBMANN, M., 1998, S. 196.<br />
974<br />
Vgl. z. B. MANSEL, J., 1986; GEIßLER, R. und N. MARIßEN, 1990.<br />
975<br />
Vgl. REBMANN, M., 1998, S. 197.<br />
976<br />
Vgl. ebenda, S. 239.<br />
977<br />
Vgl. MANSEL, J., 1989, S. 277.