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Innere Sicherheit

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PSB Seite 65<br />

♦ Bei der Strafverfolgung nichtdeutscher Tatverdächtiger der Gewaltkriminalität ist in den neunziger<br />

Jahren eine deutlich stärkere Zunahme der Verurteilungen zu Haftstrafen eingetreten als das für die<br />

deutschen Tatverdächtigen dieses Deliktes gilt.<br />

♦ Analysen von Individualdatensätzen der Strafverfolgungsstatistik der Länder Schleswig-Holstein und<br />

Niedersachsen zeigen, dass in den neunziger Jahren die Quote der ausländischen Tatverdächtigen von<br />

Gewaltkriminalität, die angeklagt und verurteilt wurden, weit stärker zugenommen hat als das für die<br />

Deutschen gilt. Ferner ist bei den ausländischen Tatverdächtigen der Gewaltkriminalität sowohl der<br />

Anteil der zu unbedingten Freiheitsstrafe Verurteilten wie auch die durchschnittliche Dauer der Haftstrafen<br />

erheblich stärker angestiegen als bei den Deutschen. Die Ursachen dieser Unterschiede sind<br />

jedoch nicht abschließend geklärt.<br />

Der nachfolgende Abschnitt bietet einen Überblick zur Sanktionspraxis gegenüber erwachsenen Angeklagten<br />

der Gewaltkriminalität. Tabelle 2.1-14 beschränkt sich bei der Darstellung der seit Mitte der<br />

achtziger Jahre eingetretenen Längsschnittentwicklung der Verfahrens- und Sanktionspraxis auf Eckdaten<br />

zu den Jahren 1984, 1990 und 1998. Dies erscheint deshalb vertretbar, weil die Zahlen der dazwischen<br />

liegenden Jahre sich jeweils in dem Trend bewegen, der durch diese drei ausgewählten Jahrgänge erkennbar<br />

wird.<br />

Es zeigt sich, dass bei Strafverfahren gegen Gewalttäter die Freispruchquote unverändert während des<br />

gesamten Zeitraums zwischen 9% und 10% liegt. Sie ist damit deutlich höher, als das im Durchschnitt der<br />

Strafverfahren verzeichnet wird (1998: 2,7%). Dies dürfte damit zusammenhängen, dass das Ermittlungsergebnis<br />

der Polizei hier häufiger als bei anderen Delikten primär auf den Aussagen von Zeugen oder<br />

Opfern beruht. Wenn sich dann bei Gericht Zweifel an der Richtigkeit dieser Angaben ergeben oder<br />

Erinnerungsprobleme auftauchen, ist häufiger dem Grundsatz "in dubio pro reo" zu folgen und freizusprechen.<br />

Die Quote der Angeklagten, die förmlich verurteilt wurden, ist während des Untersuchungszeitraums<br />

weitgehend konstant geblieben. Etwas zurückgegangen ist der Anteil der Angeklagten, die zu einer Geldstrafe<br />

verurteilt wurden. Dies korrespondiert mit einer Zunahme der insgesamt verhängten Freiheitsstrafen.<br />

Insoweit zeigt sich allerdings zunächst für die Jahre 1984 bis 1990 ein leichter Abwärtstrend. In den<br />

neunziger Jahren hat sich dann jedoch sowohl die Quote der zur Bewährung ausgesetzten als auch der<br />

nicht ausgesetzten Freiheitsstrafen erhöht. Angestiegen ist in dieser Zeit ferner die durchschnittliche<br />

Dauer der bei unbedingten Freiheitsstrafen verhängten Haftjahre. Sie betrug im Jahr 1990 3,7 Jahre. 192<br />

Bis zum Jahr 1998 ist dieser Wert auf 3,9 Jahre angewachsen. Dies ist die Folge davon, dass vor allem<br />

Freiheitsstrafen ab einer Dauer von drei Jahren zugenommen haben. Ihre absolute Zahl hat sich zwischen<br />

1990 und 1998 um den Faktor 1,5 erhöht und ist damit erheblich stärker angewachsen als die Gesamtzahl<br />

der Angeklagten. Im Widerspruch zu der weit verbreiteten Einschätzung, in den neunziger Jahren hätte<br />

der Gebrauch freiheitsentziehender Sanktionen gegenüber Gewalttätern abgenommen, demonstrieren die<br />

Daten das Gegenteil. Insbesondere die Quote, aber auch die Dauer der verhängten Freiheitsstrafen ist<br />

angestiegen.<br />

Dies bedeutet freilich noch nicht, dass die Strafhärte gegenüber gerichtlich abgeurteilten Gewalttätern<br />

angestiegen wäre. Denkbar wäre auch, dass sich die Zusammensetzung der Fälle in Richtung auf eher<br />

schwere Taten verändert hat. Nachfolgend wird daher geprüft, wie sich die Entwicklung der Sanktionspraxis<br />

für die einzelnen Hauptdeliktsgruppen der Gewaltkriminalität darstellt.<br />

192 Zur Ermittlung der Haftjahre wurde bei Angaben, die zwischen zwei Grenzwerten liegen, jeweils der Mittelwert zugrunde<br />

gelegt (z. B. drei bis fünf Jahre entspricht vier Jahre); für Freiheitsstrafen von fünf und mehr Jahren wurden zehn Jahre als Mittel<br />

angesetzt.

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