Innere Sicherheit
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PSB Seite 311<br />
der Umfang in der PKS unterschätzt. Wie allgemein bei Gewaltdelikten finden diese auch bei Zuwanderern<br />
mehrheitlich in bestehenden Täter-Opfer-Beziehungen statt; in Fällen dagegen, in denen Täter und<br />
Opfer einander unbekannt waren, handelt es sich bei den Tätern mehrheitlich um Deutsche.<br />
2.11.1.4 Zur Erfassung der von Zuwanderern verübten Kriminalität in der PKS<br />
Die PKS des Jahres 1999 gibt für 26,6% aller Tatverdächtigen an, dass sie keine deutsche Staatsangehörigkeit<br />
besaßen. Werden die Verstöße gegen das Ausländer- oder Asylverfahrensgesetz, die von Deutschen<br />
nicht begangen werden können, ausgeklammert, reduziert sich der Tatverdächtigenanteil auf<br />
20,4%. Es wäre allerdings irreführend, diese Zahl in Relation zu dem Anteil von Ausländern an der<br />
Wohnbevölkerung (8,9%) zu setzen, da darin verschiedene Ausländergruppen wie Touristen und sich<br />
illegal in Deutschland Aufhaltende fehlen, die aber als Tatverdächtige registriert sein können. Genaugenommen<br />
sind Tatverdächtigenquote und Bevölkerungsanteil aus vielen Gründen unvergleichbar. Dies ist<br />
zu erläutern, ehe das Tatverhalten der Zuwanderer genauer analysiert wird.<br />
2.11.1.4.1 Dunkelfeld und selbstberichtete Delikte<br />
Anhaltspunkte für die Überzeichnung bieten einige wenige Studien, die für unausgelesene Populationen<br />
von Ausländern und Deutschen Selbstberichte von Delinquenz erhoben haben. In drei Studien 968 wurden<br />
repräsentative Stichproben junger Menschen gefragt, wie häufig sie Delikte wie Diebstahl, Raub, Körperverletzung,<br />
Drogengebrauch und weitere Formen der Jugendkriminalität im Vorjahr begangen haben.<br />
Unter den deutschen Befragten waren prozentual mehr Täter als unter den nichtdeutschen; deren Prävalenz<br />
(d. h. der Anteil von Tätern an der Gesamtgruppe) war also geringer als bei den deutschen Gleichaltrigen.<br />
In zwei neueren Studien 969 , die schwerpunktmäßig Gewaltdelikte (Körperverletzung und Raub)<br />
untersuchten , wiesen die nichtdeutschen Zuwanderer dagegen eine höhere Prävalenz auf.<br />
Eine derzeit laufende Längsschnittstudie über Abgänger von Haupt- und Sonderschulen, unter denen 17%<br />
Ausländer sind, erfasste für acht Jahre die selbstberichtete Delinquenz 970 . Im Zeitraum 1989 bis 1996, in<br />
dem die Befragten das Alter höchster Delinquenzbelastung durchliefen (16-23 Jahre), blieb die Prävalenz<br />
bei den Deutschen mit Schwankungen um den Wert 50% relativ stabil; dagegen sank der Täter-Anteil bei<br />
den Zuwandererjugendlichen von 39% auf 34%. Bei Gewaltdelikten dagegen war bei beiden Gruppen die<br />
Prävalenz ähnlich hoch und variierte von Jahr zu Jahr um einen mittleren Wert von 12%. Bedeutsame<br />
Unterschiede gab es aber hinsichtlich der Einträge im Bundeszentralregister (BZR): 1989 waren 14% der<br />
Deutschen, aber 22% der Zuwanderer registriert. Auch in den Folgejahren wurden regelmäßig mehr<br />
Ausländer als deutsche im BZR erfasst. Die Schere zwischen geringerer selbstberichteter Delinquenz und<br />
höherer Registrierung deutet auf stärkere formelle Kontrolle bei Zuwandererjugendlichen hin.<br />
Da diese Ergebnisse zwar mit repräsentativen, aber relativ kleinen Stichproben gewonnen wurden, sollten<br />
sie als Indiz, nicht schon als Beweis für eine intensivere strafrechtliche Kontrolle der Kriminalität von<br />
Zuwanderern gewertet werden. Es scheint allerdings nötig, bei der Interpretation von PKS-Daten die<br />
Möglichkeit einer höheren Kontrolldichte bei Zuwanderern als bei Deutschen mit der Folge überproportionaler<br />
Registrierung immer mitzudenken.<br />
2.11.1.4.2 Überzeichnungen in der PKS<br />
Die PKS ist in erster Linie ein Tätigkeitsnachweis polizeilicher Kriminalitätskontrolle. Die Zahl und Art<br />
der erfassten Delikte und die Ermittlung von Tatverdächtigen spiegelt deshalb wenigstens teilweise polizeiliche<br />
Kontrollpräferenzen wider (siehe auch Kapitel 2.11.1.4.3).<br />
968<br />
Vgl. SCHUMANN, K. u. a., 1987, S. 71; MANSEL, J., 1990; SUTTERER, P. und T. KARGER, 1994.<br />
969<br />
Vgl. HEITMEYER, W. u. a., 1995; PFEIFFER, C. u. a., 1998.<br />
970<br />
Die Bremer Hauptschulabgänger-Studie wird geleitet von Karl F. SCHUMANN; die mitgeteilten Ergebnisse werden hier erstmals<br />
veröffentlicht.