04.12.2012 Aufrufe

Innere Sicherheit

Innere Sicherheit

Innere Sicherheit

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Seite 158<br />

PSB<br />

rung umfassender Anmeldungs-, Bewilligungs- und Kontrollpflichten" eine geringere Belastung dar, weil<br />

"der Einzelne dem staatlichen Eingriff durch normkonformes Verhalten ausweichen" könne. 481 Solange<br />

Steuerungsfunktion und -möglichkeiten durch das Recht weithin ungeklärt sind, wird dieser Streit nicht<br />

entschieden werden können. Erst durch Empirie wird geklärt werden können, in welchen wirtschaftlichen<br />

Konstellationen eher zivil-, eher verwaltungs- oder eher strafrechtliche Regeln bzw. Kombinationen hieraus<br />

wirksam sind.<br />

Andererseits dürfte schon jetzt die Problematik strafrechtlicher Regelungen feststehen, die eine rechtsstaatlichen<br />

Grundsätzen genügende Prävention von Wirtschaftskriminalität mit strafrechtlichen Mitteln<br />

zum "Prüfstein des Strafrechtssystems "482 werden lässt. Denn hierdurch sollen die folgenden konfligierenden<br />

Ziele gleichermaßen erreicht werden:<br />

- Erstens sollen die Gleichbehandlung sozialschädlicher Verhaltensweisen und die Gleichmäßigkeit der<br />

Strafrechtsordnung erreicht bzw. verbessert werden,<br />

- zweitens sollen Praktikabilität und Effizienz des materiellen Rechts - auch und gerade im Hinblick<br />

auf dessen leichtere prozessuale Anwendung - erhöht werden,<br />

- drittens soll das Wirtschaftsstrafrecht unverändert allgemeinen rechtsstaatlichen Grundsätzen genügen.<br />

Die Grenzen des Strafrechts als Mittel der Prävention von Wirtschaftskriminalität zeigen sich daran, dass<br />

sich Beschuldigte in Wirtschaftsstrafverfahren vergleichsweise häufiger als Beschuldigte in Verfahren<br />

wegen "klassischer" Formen der Kriminalität der Bestrafung zu entziehen vermögen. Gründe hierfür<br />

dürften weniger in der Person und in den Verteidigungsmöglichkeiten liegen, als vielmehr in strukturellen<br />

Besonderheiten des Strafrechts:<br />

- Ein rechtsstaatliches Strafrecht muss das strafbare Verhalten tatbestandlich bestimmt umschreiben.<br />

Zum Repertoire wirtschaftlichen Handelns gehört aber gerade auch das Ausnützen der Lücke im Gesetz;<br />

juristischer Rat wird nicht selten mit dem Ziel gesucht, die Grenze des noch Zulässigen zu ermitteln.<br />

- Wirtschaftskriminalität ist vielfach "Verbandskriminalität"; das deutsche Strafrecht ist aber darauf<br />

angelegt, einer individualisierbaren Person gegenüber den sozialethischen Vorwurf zu machen. In einer<br />

arbeitsteilig-hierarchisch organisierten Wirtschaft werfen jedoch Fragen der Täterschaft und Teilnahme<br />

besonders schwierige Probleme auf.<br />

- Mehr als sonst bestehen Schwierigkeiten im Nachweis der subjektiven Tatseite, nicht zuletzt wegen<br />

der Abhängigkeit von Prognosen und Erwartungen in Bezug auf die wirtschaftliche Entwicklung.<br />

- Schließlich greift auch das strafrechtliche Sanktionensystem nur begrenzt. Der Gedanke an eine als<br />

kalkulierbarer Kostenfaktor in die Preisgestaltung einfließende Geldstrafe schreckt nicht. Entgegen<br />

den das gegenwärtige deutsche Strafrecht auszeichnenden Tendenzen wird deshalb im Wirtschaftsstrafrecht<br />

von einigen Autoren die kurze Freiheitsstrafe als Abschreckungsmittel empfohlen. 483<br />

Der Gesetzgeber hat sich der Aufgabe einer Reform des Wirtschaftsstrafrechts gestellt. Auf organisatorischem<br />

Gebiet war die seit 1968 erfolgte Einrichtung von Schwerpunktstaatsanwaltschaften und von Wirtschaftsstrafkammern<br />

die wohl wichtigste Präventionsmaßnahme. Die Schwerpunktstaatsanwaltschaften<br />

sind Ausdruck der Idee der Spezialisierung und Konzentration bei den Staatsanwaltschaften. Auf Gerichtsebene<br />

wurde 1971 durch § 74c GVG als besondere Strafkammer die Wirtschaftstrafkammer eingeführt,<br />

die für die Verhandlung und Entscheidung von Wirtschaftsstraftaten im Sinne von § 74 c GVG<br />

zuständig ist.<br />

481 TIEDEMANN, K., 1993, S. 530 f.<br />

482 JUNG, H., 1979.<br />

483 So z. B. TIEDEMANN, K., 1974, S. 73, 248.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!