Innere Sicherheit
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Seite 80<br />
Mit dem 6. Strafrechtsreformgesetz vom 26.1.1998 wurden zahlreiche Veränderungen von Strafrahmen<br />
vorgenommen. 248 Im Hinblick auf den sexuellen Kindesmissbrauch wurde eine Ausdifferenzierung der<br />
Strafrahmen durch die neuen §§ 176a und 176b realisiert und dabei für erschwerte Fälle eine Erhöhung<br />
der Strafandrohung vorgenommen und insbesondere in § 176a Abs. 1 Nr. 4 für Rückfalltäter des einfachen<br />
sexuellen Kindesmissbrauchs gem. § 176 Abs. 1 und 2 StGB eine Erhöhung der Strafandrohung<br />
vorgesehen. Zudem wurde die Höchststrafe in § 184 Abs. 4 StGB von fünf auf zehn Jahre erhöht. 249<br />
Das zeitgleich dazu entstandene Gesetz zur Bekämpfung von Sexualdelikten und anderen gefährlichen<br />
Straftaten vom 26.1.1998 250 enthält eine Änderung fast aller in diesem Deliktsbereich einschlägigen Einzelgesetze<br />
mit dem Ziel, die Möglichkeiten der Therapie für Sexualstraftäter zu erweitern, die Qualität<br />
von Prognosen für Entscheidungen über Strafaussetzungen zu verbessern und für Täter, bei denen weiterhin<br />
eine erhebliche Rückfallgefahr besteht, die Möglichkeiten der Sicherung und des Schutzes der Allgemeinheit<br />
zu verbessern. Dies betrifft im Schwerpunkt die zwingende Verlegung von Sexualstraftätern in<br />
die Sozialtherapie gem. § 9 StVollzG, die Möglichkeit der Therapieweisung ohne Zustimmung gem.<br />
§ 56c StGB, erhöhte Anforderungen für die nachträgliche Aussetzung von freiheitsentziehenden Strafen<br />
und Maßregeln (§§ 57 Abs. 1 StGB, 67 d Abs. 2 StGB und § 454 StPO) sowie Erweiterungen im Bereich<br />
der Anordnung und Dauer von Führungsaufsicht (§ 68 c Abs. 2 StGB) und Sicherungsverwahrung (§ 66<br />
Abs. 3 StGB). 251<br />
Mit dem Zeugenschutzgesetz vom 30.4.1998 wurde die Situation kindlicher Zeugen in wesentlichen<br />
Aspekten neu gestaltet mit dem Ziel, deren Belastung durch ein Strafverfahren zu reduzieren. 252 So wurde<br />
die Möglichkeit der Videoaufzeichnung von Zeugenvernehmungen im Ermittlungsverfahren geschaffen<br />
(§ 58a StPO), die bei Zeugen unter 16 Jahren durchgeführt werden soll. Handelt es sich um Opfer von<br />
Sexualdelikten kann nach dem neuen § 255a Abs. 2 StPO die Vernehmung in der Hauptverhandlung<br />
durch die Wiedergabe der per Video aufgezeichneten richterlichen Vernehmung ersetzt werden. Ferner<br />
wurde die Möglichkeit der audiovisuellen Simultanübertragung sowohl im Ermittlungsverfahren (§ 168c<br />
StPO) als auch in der Hauptverhandlung (§ 247a StPO) eingeführt. Außerdem wurden die Regelungen<br />
über den anwaltlichen Beistand für Zeugen verbessert. 253<br />
2.2.1.1 Kinder als Opfer sexueller Gewalt im Spiegel polizeilicher Daten<br />
Sexuelle Gewaltdelikte gegen Kinder sind in mehreren Straftatbeständen erfasst, die entweder altersunabhängig<br />
dem Schutz der sexuellen Selbstbestimmung vor gewaltsamen Übergriffen dienen 254 oder anknüpfend<br />
an bestimmte Schutzaltersgrenzen - ohne auf den Einsatz von Gewalt oder Nötigungsmitteln abzuheben<br />
- die ungestörte sexuelle Entwicklung von Kindern und Jugendlichen sichern sollen. 255 Sexualstraftaten<br />
gegen Kinder können von daher in recht verschiedenen Rubriken der Polizeilichen Kriminalstatistik<br />
(PKS) erfasst sein, 256 und nicht in allen Fällen ist in den polizeilichen Statistiken gesondert ausgewiesen,<br />
ob sich diese Delikte gegen Kinder richteten.<br />
248<br />
Vgl. dazu KREß, C., 1998.<br />
249<br />
Vgl. dazu auch DESSECKER, A., 1998.<br />
250<br />
Vgl. zustimmend dazu HAMMERSCHLAG, H. und O. SCHWARZ, 1998; skeptisch SCHÖCH, H., 1998; ablehnend EISENBERG, U.<br />
und A. HACKETHAL, 1998.<br />
251<br />
Für eine detaillierte Darstellung und Kommentierung vgl. DESSECKER, A., 2000a.<br />
252<br />
Vgl. dazu RIEß, P., 1998.<br />
253<br />
Vgl. dazu auch DÖLLING, D., 1999, S. 38 ff.<br />
254<br />
Z. B. §§ 177, 178 StGB.<br />
255<br />
Z. B. §§ 174, 176, 176a, 176b, 180, 180a Abs. 2, 182 StGB.<br />
256<br />
Vgl. BAURMANN, M., 1983; OSTENDORF, H., 1986; WALTER, M. und A. WOLKE, 1997.<br />
PSB