Innere Sicherheit
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Seite 268<br />
wieweit es aufgrund dieses Problems auch zur systematischen Verzerrung in den polizeilich ermittelten<br />
Daten kommt, ist derzeit nicht abzuschätzen. Von daher wäre es wünschenswert, gerade auch für den<br />
Bereich der Staatsschutzdelikte und hier insbesondere für den Bereich der rechten und fremdenfeindlichen<br />
Straftaten Studien zur Dunkelfeldproblematik sowie opferbezogene Forschungen durchzuführen,<br />
um ergänzende Daten zur Einschätzung des Umfangs der verschiedenen Phänomene verfügbar zu haben.<br />
2.10.2.2.3 Polizeiliche Definitionsvorgaben und Ermittlungspraxis (bis 31.12.2000)<br />
Die folgende Darstellung bezieht sich auf die Praxis, die in der Polizei bis zum 31.12.2000 vorherrschte<br />
und damit die Datenprobleme erzeugt hat, die in diesem Kapitel darzustellen sind. Es ist zu erwarten, dass<br />
die Neuregelung ab 01.01.2001 Unsicherheiten und Inkonsistenzen in erheblichem Masse beseitigen<br />
wird. Trotz der vom Bundeskriminalamt und den Landeskriminalämtern gemeinsam erarbeiteten Definition,<br />
was z. B. als fremdenfeindliche Straftat zu gelten hat, müssen für die bisherige Praxis doch sehr<br />
unterschiedliche Handhabungsweisen dieser Kriterien in der täglichen Ermittlungsarbeit konstatiert werden.<br />
Dabei dürfte das unterschiedlich ausgeprägte Problembewusstsein im Hinblick auf Fremdenfeindlichkeit<br />
und Rechtsextremismus innerhalb der Polizei, aber auch länderspezifische Handhabungsweisen<br />
und Vorgaben eine wichtige Rolle spielen.<br />
In Deutschland wurden rechtsextremistische Straftaten als Teil der so genannten Staatsschutzdelikte<br />
polizeilich erfasst. Rechtsextremistisch ist eine Tat dann, wenn sie unter die folgende Arbeitsdefinition<br />
"Extremismus" subsumiert werden kann: Bestrebungen zur Systemüberwindung, die sich auch unter<br />
Anwendung von Gewalt gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung richten. Extremistische<br />
Bestrebungen richten sich gegen den Kernbestand der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, also<br />
gegen so unveränderbare Prinzipien wie die Achtung vor den Menschenrechten, die Volkssouveränität<br />
und das Mehrparteiensystem. Aber nicht nur Straftaten, die auf die Beseitigung der freiheitlichen demokratischen<br />
Grundordnung gerichtet sind, werden als Staatsschutzdelikte von der Polizei registriert und gemeldet.<br />
Sofern bestimmte Tatbestände des StGB erfüllt sind - in der Praxis spielen vor allem die §§ 86<br />
und 86a StGB eine Rolle (Straftaten gegen den demokratischen Rechtsstaat als Propaganda-Delikte) -,<br />
werden auch diese statistisch erfasst.<br />
PSB<br />
Die Zuordnung zu rechtsextremistischen Straftaten folgt also offiziell festgelegten Richtlinien für den<br />
Kriminalpolizeilichen Meldedienst Staatsschutzkriminalität (KPMD-S). Daneben werden jedoch auch<br />
Straftaten, die Rechtsextreme gegen Linksextreme begehen, im Rahmen des Meldedienstes erfasst, auch<br />
wenn damit nicht unmittelbar die freiheitliche demokratische Grundordnung angegriffen wird.<br />
Diese offiziellen Richtlinien des KPMD-S können von den Ländern jedoch unterschiedlich umgesetzt<br />
werden, so dass die Anzahl rechtsextremistischer, aber auch fremdenfeindlicher und antisemitischer<br />
Straftaten immer auch von der Zuordnungspraxis in den einzelnen Ländern abhängen kann. Seit 1992<br />
werden im KPMD-S auch getrennt fremdenfeindliche Straftaten erfasst. Um dies tun zu können, wurde<br />
vom Bundeskriminalamt und den Landeskriminalämtern eine Definition entwickelt, wonach alle Straftaten<br />
als fremdenfeindlich gelten, "die in der Zielrichtung gegen Personen begangen werden, denen Täter<br />
aus intoleranter Haltung heraus aufgrund ihrer tatsächlichen oder vermeintlichen Nationalität, Volkszugehörigkeit,<br />
Rasse, Hautfarbe, Religion, Weltanschauung, Herkunft oder aufgrund ihres äußeren Erscheinungsbildes<br />
ein Bleibe- oder Aufenthaltsrecht in ihrer Wohnumgebung oder in der gesamten Bundesrepublik<br />
bestreiten oder gegen sonstige Personen, Institutionen, Objekte, Sachen begangen werden, bei denen<br />
Täter aus fremdenfeindlichen Motiven heraus handeln" 872 . Angesichts der Definitionsvorgaben des<br />
Bundeskriminalamtes zu fremdenfeindlichen und rechtsextremistischen Straftaten wird deutlich, dass sich<br />
diese Delikte nicht gegenseitig ausschließen. In der täglichen Ermittlungsarbeit der diensthabenden Polizeibeamten<br />
ist die Motivation der Tatverdächtigen ohnehin oft nur schwer bzw. gar nicht festzustellen,<br />
872 BUNDESKRIMINALAMT, 1993.