Innere Sicherheit
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PSB Seite 169<br />
- Struktur 3: „Netzwerke organisierter Wirtschaftskriminalität“. Hierbei handelt es sich um länderübergreifende<br />
Strategien von Unternehmen, insbesondere im Vergabebereich (Flughafenbau, Klärwerkbau,<br />
Autobahnbau, Wohn- und Gewerbegebiete, Großausrüster für Polizei und Bundeswehr), die<br />
mittels Korruption ungerechtfertigte Vorteile zu erlangen trachten und sich hierfür abgeschotteter<br />
Vorgehensweisen und politischer Einflussnahmen bedienen. „Es agiert meist nicht ein Unternehmer,<br />
sondern ganze Kartelle. Allein in manchen Großstädten wurden Kartelle mit bis zu 45 großen Unternehmen<br />
aufgedeckt, dabei war ‘alles, was Rang und Namen‘ hatte, also große und bekannte Unternehmen<br />
und Aktiengesellschaften. Diesen war es relativ leicht möglich, neue Wege der Einflussnahme<br />
zu finden, wenn Amtsträger versetzt wurden oder die Position wechselten. Mit einer solchen<br />
Wirtschaftsmacht gelingt dieses im Grunde irgendwann immer, wenn es wirklich gewollt ist. Und das<br />
heißt also, bei diesen Formen handelt es sich um Strukturen organisierter Wirtschaftskriminalität.“ 535<br />
2.5.4 Ausmaß und Entwicklung der Korruption im Dunkelfeld<br />
2.5.4.1 Ergebnisse von Dunkelfeldbefragungen<br />
Die Ergebnisse der amtlichen Kriminalstatistiken bilden nur das Hellfeld zur Korruption ab. Umfassende<br />
Untersuchungen zum Dunkelfeld von Korruption gibt es nicht. Dementsprechend fehlen sowohl verlässliche<br />
Angaben über die Größe des Dunkelfeldes als auch über seine Veränderung. Ob Korruption zugenommen<br />
hat, ist deshalb eine Frage des "Überzeugtseins", nicht des empirischen Wissens. Zur Meinungsbildung<br />
stehen einige Befragungen von Behördenbediensteten und von Geschäftsleuten zur Verfügung.<br />
Vom Bundeskriminalamt wurden 1992 und 1997 Befragungen zur Korruption durchgeführt. Bei beiden<br />
Untersuchungen ging es nicht um Dunkelfeldforschung im Sinne der Ermittlung, wie viele der Befragten<br />
innerhalb eines bestimmten Zeitraums pflichtwidrig Vorteile entgegengenommen haben. Es ging vielmehr<br />
um die Ermittlung eines - in hohem Maße interpretationsbedürftigen - Stimmungsbildes. In der<br />
1992 durchgeführten schriftlichen Befragung von Kommunalpolitikern und öffentlichen Bediensteten von<br />
Kommunen, Ländern und Bund gaben ein Viertel der Amtsleiter, 18% der Bediensteten aus den Ländern<br />
und fast 30% der Bundesbediensteten an, sich "schon einmal durch ‘eindeutige Angebote‘ beeinflusst<br />
gefühlt zu haben". 536 In einem weiteren Forschungsprojekt des Bundeskriminalamtes zur "Einschätzung<br />
zur Korruption in Polizei, Justiz und Zoll" wurde 1997 eine schriftliche Befragung von Bediensteten 537<br />
dieser Behörden durchgeführt. Dass seine Institution von Korruption "eher stark" oder "sehr stark" betroffen<br />
sei, glaubte - nach seiner Selbsteinschätzung - etwa jeder fünfte der Befragten der Polizei, des Zolls<br />
und des Justizvollzugs; für nicht betroffen hielten ihre Institution dagegen die Vertreter von Staatsanwaltschaft<br />
und Gericht. 538 Wie der Vergleich mit der Fremdeinschätzung 539 zeigte, schätzte jede Gruppe ihre<br />
eigene Korruptionsbetroffenheit deutlich geringer ein. Vor allem beim Zoll und beim Justizvollzug wichen<br />
Selbst- und Fremdeinschätzung deutlich voneinander ab. 540<br />
In dem 1994 durchgeführten International Survey of Crime against Business 541 wurden Geschäftsleute in<br />
acht Ländern befragt, darunter auch in Deutschland. 14% der Befragten in Deutschland gaben an, Kor-<br />
535 Ebenda, S. 34.<br />
536 Vgl. VAHLENKAMP, W. und I. KNAUß, 1995, S. 119 f., zur Frageformulierung siehe S. 468.<br />
537 Über die Hälfte der Teilnehmer an der Befragung übte Führungsfunktionen aus, ca. ein Viertel Sachbearbeiterfunktion, das<br />
verbleibende Viertel nahm beide Funktionen wahr.<br />
538 Vgl. MISCHKOWITZ, R. u. a., 2000, S. 142 f., Schaubild 4.<br />
539 Einschätzung der Korruptionsbetroffenheit einer Untersuchungsgruppe, der der Befragte nicht angehört.<br />
540 Zu berücksichtigen ist freilich, dass diese Fremdeinschätzung in hohem Maße bestimmt wurde durch die Einschätzung der<br />
Polizeibeamten, die drei Viertel der Befragten stellten: 77% der auswertbaren Fragebogen kamen von Angehörigen der Polizei,<br />
12% von Staatsanwaltschaft (4%), Gericht (4%), Justizvollzug (4%) oder Zoll (11%); vgl. MISCHKOWITZ, R. u. a., 2000, S. 133.<br />
541 Vgl. KILLIAS, M., 1998, S. 244.