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Innere Sicherheit

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PSB Seite 271<br />

2.10.2.2.5 Validitätsprobleme der Staatsschutzstatistiken und Probleme der Darstellung langfristiger<br />

Trends auf ihrer Basis<br />

Wie die Statistik des Bundeskriminalamtes zur Gesamtzahl aller jährlich registrierten Staatsschutzdelikte<br />

(linksextremistische, rechtsextremistische und Straftaten ausländischer extremistischer Organisationen)<br />

verdeutlicht, können von den jährlich registrierten Fällen zwischen 50% und 75% keiner Organisation zugerechnet<br />

werden. Sie werden in der PKS-S in einer Residualkategorie erfasst. Dies bedeutet, dass die<br />

veröffentlichten Staatsschutzstatistiken insgesamt nur einen kleineren Teil der tatsächlich registrierten<br />

Staatsschutzdelikte wiedergeben. Die Mehrzahl aller Fälle findet hier keine Berücksichtigung; sie bildet<br />

aber eine statistische Reserve, die je nach Intensität und Erfolg der Ermittlungsarbeit besser oder schlechter<br />

ausgeschöpft werden kann. Vor diesem Hintergrund ergeben sich erhebliche Probleme hinsichtlich der<br />

Interpretation der jährlichen Schwankungen/Veränderungen in den verschiedenen PKS-S. Da jedoch die<br />

KPMD-S-Statistiken erst seit Anfang bzw. Mitte der neunziger Jahre vorliegen, lassen sich mittel- und<br />

langfristige Veränderungen des Niveaus politisch motivierter Kriminalität in den Bereichen des Linksextremismus,<br />

Rechtsextremismus und des Extremismus ausländischer Organisationen derzeit nur über die<br />

PKS-S-Daten darstellen. Gleichwohl ist den folgenden Ausführungen zuzustimmen: "Es besteht also<br />

genügend Anlass, sowohl in quantitativer (Fallsummen) als auch qualitativer Hinsicht (z. B. Vollständigkeit,<br />

Differenziertheit, Transparenz, Treffsicherheit der phänomenologischen Zuordnung, Opferdaten etc.)<br />

kritisch mit dem zur Zeit vorlegbaren polizeilichen Datenmaterial umzugehen und keine zu hohen Validitätserwartungen<br />

daran zu knüpfen." "Die wirkliche Zahl rechtsextremistischer, antisemitischer und<br />

fremdenfeindlicher Straftaten muss, das kann risikolos festgestellt werden, schon aufgrund dieser Defizite<br />

deutlich höher sein als durch die Staatsschutzstatistiken ausgewiesen. Die Hellfeld-/ Dunkelfeldproblematik<br />

tritt noch verschärfend hinzu. Das gilt nicht nur für Propagandastraftaten (§§ 86, 86a, 130 StGB),<br />

sondern auch für Gewaltdelikte. So muss anders als bei Brand- und Sprengstoffanschlägen, die ziemlich<br />

vollständig bei der Polizei bekannt werden, etwa bei der Körperverletzung (ausgenommen die schwere<br />

und die mit Todesfolge) mit einem erheblichen Dunkelfeld gerechnet werden, weil viele solcher Fälle aus<br />

unterschiedlichen Gründen nicht zur Anzeige gebracht und gewalttätige Konflikte vielfach anders als mit<br />

strafrechtlichen Mitteln oder überhaupt nicht (z. B. bei unfriedlichen Aktionen im Rahmen von Aufzügen)<br />

beigelegt werden. Ein anderer Teil der Vorfälle wird zwar polizeilich bekannt, aber der allgemeinen<br />

Kriminalität zugerechnet. Unter massiven Informationsdefiziten dieser Art leidet die Einschätzbarkeit des<br />

Gewaltpotenzials und des wirklichen Straftatenaufkommens im Phänomenbereich zusätzlich." 874<br />

2.10.2.3 Opferstatistiken im Bereich der rechten und fremdenfeindlichen Gewalttaten<br />

- Darstellung der Probleme an ausgewählten Fällen<br />

Weder in der wissenschaftlichen Forschung und Analyse, noch in der Arbeit der Polizei und Justiz, noch<br />

in den Interventionsstrategien und Gegenmaßnahmen von Politik und Bildung werden die Opfer rechter<br />

Gewalt bislang hinreichend berücksichtigt. Diese Vernachlässigung der Opfer wurde insbesondere angesichts<br />

der aktuellen Diskussion um die Todesopfer als Folge rechter Gewalt deutlich, die durch die Dokumentation<br />

von Tagesspiegel und Frankfurter Rundschau am 14.09.2000 ausgelöst wurde. Im Folgenden<br />

sollen einige zentrale Probleme der bisherigen Erfassung von Todesopfern als Folge rechter Gewalt<br />

diskutiert und an Hand ausgewählter Fälle exemplarisch dargestellt werden.<br />

Eine systematische und kontinuierlich geführte polizeiliche Statistik zu den Todesopfern als Folge rechter<br />

Gewalttaten existiert bis dato nicht. Im September 2000 wurde im Tagesspiegel eine von Journalisten<br />

recherchierte Liste mit Todesopfern in Folge rechtsorientierter Gewalt in Deutschland veröffentlicht.<br />

Diese wies für den Zeitraum von 1990 bis Juli 2000 eine Zahl von insgesamt 93 Todesopfern aus. Im<br />

Rahmen der KPMD-S wurden für den Zeitraum 1990 bis Juli 2000 25 Todesopfer in Folge rechter Ge-<br />

874 FALK, B., 2000, S. 9 ff. (Vizepräsident des Bundeskriminalamtes).

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