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Innere Sicherheit

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PSB Seite 73<br />

gebereitschaft für eine adäquate Beurteilung der Entwicklungen im Hellfeld der registrierten Gewaltkriminalität<br />

dringend erforderlich wären.<br />

Daten, die eine Analyse der Entwicklung des Anzeigeverhaltens im Zeitverlauf erlauben würden, stehen<br />

für die Bundesrepublik auf national-repräsentativer Ebene bisher nicht zur Verfügung. 223 Wie wichtig<br />

dies wäre, dokumentieren Erkenntnisse aus den USA und Großbritannien. So konnte in den USA gezeigt<br />

werden, dass nach den Befunden des seit 1973 kontinuierlich durchgeführten National Crime Victimization<br />

Survey (NCVS) die schwere Gewaltkriminalität im Jahre 1999 den niedrigsten Stand seit 1973 erreicht<br />

und um 53% zurückgegangen war. In demselben Zeitraum hatte die polizeilich registrierte schwere Gewaltkriminalität<br />

nach den Daten des Uniform Crime Report (UCR) um mehr als das Doppelte zugenommen.<br />

224<br />

Ähnlich zeigen die Ergebnisse des British Crime Survey für England und Wales, dass zwischen 1987 und<br />

1991 die polizeilich registrierten Gewaltdelikte wesentlich stärker zugenommen haben als die von den<br />

Opfern insgesamt erlittenen Vorfälle, was auf eine Zunahme des Anzeigeverhaltens in diesem Zeitraum<br />

zurückzuführen ist. 225 Im jüngsten British Crime Survey aus dem Jahr 2000 wird festgestellt, dass die<br />

Polizeidaten zwischen 1997 und 1999 einen Kriminalitätsrückgang bezogen auf alle Delikte von 5% nahe<br />

legen, die Opferbefragungsdaten hingegen einen doppelt so starken Rückgang von 10% annehmen lassen.<br />

226 Für qualifizierte Körperverletzungen weisen die Daten des Dunkelfeldes für die Zeit zwischen<br />

1997 und 1999 auf einen Rückgang um 11% hin, während die Polizeidaten hier nur eine Abnahme um<br />

2% erkennen lassen. Diese Differenz wird für Großbritannien auf ein verändertes Anzeigeverhalten zurückgeführt.<br />

227<br />

Wenn auch keine repräsentativen Längsschnittdaten für Gesamtdeutschland zur Verfügung stehen, so<br />

lassen gleichwohl die Befunde einzelner deutscher Studien erste vorsichtige Einschätzungen zu. So zeigen<br />

die im Abstand von jeweils mehr als zehn Jahren (1975, 1986 und 1998) wiederholt durchgeführten<br />

Bochumer Opferbefragungen, dass es in dieser Stadt eine deutlich Zunahme der Anzeigequote bei Körperverletzungsdelikten<br />

gegeben hat. 228 Während im Jahr 1975 auf eine angezeigte Körperverletzung<br />

sieben nicht angezeigte Delikte festzustellen waren, belief sich diese Relation 1986 auf 1:6 und im Jahr<br />

1998 auf 1:3. Eine Zunahme der registrierten Körperverletzungen könnte danach in Bochum zumindest<br />

zu einem erheblichen Anteil auf eine gestiegene Anzeigebereitschaft zurückzuführen sein, die sich dort<br />

etwa verdoppelt hat. Würde dies auf die Bundesrepublik übertragen, so wäre der Anstieg der polizeilich<br />

registrierten Körperverletzungen zwischen 1975 und 1998 von 150% real wesentlich niedriger und würde<br />

sich auf lediglich 30% belaufen. 229<br />

Die KFN-Schülerbefragung, die 1998 in neun Städten mit insgesamt 16.190 Jugendlichen durchgeführt<br />

wurde, hat weiter gezeigt, dass bei Gewaltdelikten die Anzeigequote dann erhöht ist, wenn es sich bei<br />

Opfern und Tätern um Angehörige unterschiedlicher ethnischer Gruppen handelt. 230 Im Rahmen von<br />

Aktenanalysen zur Jugendgewalt wurde festgestellt, dass gerade die Konstellation bei Gewaltdelikten<br />

223 Die dazu vorliegenden Angaben aus den Publikationen der Arbeitsgruppe um BOERS sind diesbezüglich wenig ergiebig und<br />

teilweise widersprüchlich; vgl. KERNER, H.-J., 1997, S. 358 und BOERS, K., 1996, S. 320. Aus den wiederholten Erhebungen der<br />

Arbeitsgruppe um HEINZ sind keine Anhaltspunkte für die Entwicklung des Anzeigeverhaltens zu entnehmen.<br />

224 Vgl. Kapitel 1, Schaubild 1-2; siehe auch RAND, M. R., LYNCH, J. P. und D. CANTOR, 1997.<br />

225 Vgl. MIRRLEES-BLACK, C., MAYHEW, P. und A. PERCY, 1996.<br />

226 Vgl. KERSHAW, C. u. a., 2000, S. 9.<br />

227 Vgl. ebenda, S. 15.<br />

228 Vgl. SCHWIND, H. D., FETCHENHAUER, D., AHLBORN, W. und R. WEIß, 2000.<br />

229 Vgl. Kapitel 1.4.2.<br />

230 Entstammten Täter und Opfer unterschiedlichen ethnischen Gruppen, so lag die Anzeigequote bei 26,8%. Demgegenüber<br />

wurden Delikte dann, wenn Täter und Opfer der gleichen ethnischen Herkunft waren, nur zu 20,7% angezeigt; vgl. dazu<br />

ENZMANN, D. und P. WETZELS, 2000.

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