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Innere Sicherheit

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PSB Seite 277<br />

Items mit der Konnotation "Arbeit" oder "Arbeitnehmer" Konkurrenzbefürchtungen deutlich stärker zu<br />

wecken als im Westen.<br />

Der zweite Index "Ethno" zielt inhaltlich auf die ethnozentrische Bevorzugung der eigenen (deutschen)<br />

Gruppe und die soziale Diskriminierung von fremdethnischen Personen. Befragte, die den Maximalwert<br />

erreichen, fordern eine definitive Anpassung des Lebensstils an "deutsche" Gewohnheiten, halten die<br />

(Zwangs-)Remigration bei "knapper Arbeit" für angemessen, wollen für Ausländer ein Verbot der politischen<br />

Betätigung und fordern rein intra-ethnische Heiraten, also keine gemischt-nationalen Ehen. Betrachtet<br />

man die Anzahl der Befragten mit eindeutig fremdenfeindlicher Einstellung, so lässt sich im<br />

Vergleich zwischen 1994 und 1996 ein Anwachsen dieses Personenkreises von 25,3% auf 35,2% feststellen.<br />

Im Westen ist der Anstieg nur unwesentlich geringer, von 23,7% auf 32,9%, im Osten ist er etwas<br />

stärker, von 32% auf 44,1%. Zudem sind die Mittelwerte im Osten immer leicht über dem Westniveau,<br />

und die Verteilung ist im Westen heterogener als in Ostdeutschland. Die mit dieser Befragung gemessene<br />

Fremdenfeindlichkeit ist also im Osten stärker als im Westen. Aber Fremdenfeindlichkeit ist kein spezifisch<br />

ostdeutsches Phänomen, jedenfalls nicht auf der hier betrachteten Ebene von Meinungen und Einstellungen.<br />

Die erhöhte Fremdenfeindlichkeit im Osten wurde auch in anderen Untersuchungen aufgezeigt. 882 Die<br />

vom Deutschen Jugendinstitut im Jahre 1997 durchgeführte Jugenduntersuchung stellte hinsichtlich der<br />

Einstellungen gegenüber Migranten ebenfalls fest, dass die Fremdenablehnung im Osten deutlich stärker<br />

ist als im Westen. 883 Auch in der aktuellen Shellstudie (Jugend 2000) wird eine leicht ausgeprägtere Ausländerfeindlichkeit<br />

bei den ostdeutschen Jugendlichen festgestellt. 884<br />

Neben dem Längsschnittvergleich können an dieser Stelle einige Informationen über die Personen mit<br />

starken fremdenfeindlichen Einstellungen für die ALLBUS-Erhebung von 1996 zusammengetragen werden.<br />

Die Bildung der Befragten hat einen massiven Einfluss auf die Neigung zu fremdenfeindlichen Einstellungen.<br />

Insofern der Schulabschluss auch ein Indikator für kognitive Flexibilität ist, wird hier deutlich,<br />

dass ein höheres Bildungsniveau offensichtlich den Umgang mit fremdkulturellen Phänomenen erleichtert<br />

und diese als zumindest tolerierbar erscheinen lässt. Dafür spricht, dass un- und angelernte Arbeitnehmer<br />

erkennbar stärker mit Vorurteilen belastet sind als Arbeitnehmer, die eine berufliche Ausbildung absolvierten.<br />

Dieser Effekt dürfte zum einen auf das Bildungsniveau zurückzuführen sein. Zum anderen sind<br />

subjektive Statuskonkurrenz und Ängste um den Arbeitsplatz hier wahrscheinlich von Relevanz. Auch<br />

das Alter der Befragten zeigt einen deutlichen Einfluss auf die Neigung zur Fremdenfeindlichkeit. Je älter<br />

die Befragten sind, desto weniger können sie sich offenbar mit einem multiethnischen Gesellschaftsbild<br />

anfreunden und andere Kulturelemente akzeptieren. Fremdenfeindliche Straf- und Gewalttaten kumulieren<br />

dagegen, wie in 2.10.3.5 noch darzustellen sein wird, bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Die<br />

Altersverteilung dieser Delikte unterscheidet sich nicht wesentlich von der anderer jugendtypischer Delikte.<br />

Mittlerweile gibt es Hinweise für den Anstieg fremdenfeindlicher und ethnozentrischer Einstellungen<br />

auch bei jüngeren Jahrgängen. Die Fremdenfeindlichkeit nimmt mit dem Grad der Urbanisierung ab.<br />

Eine abwehrende und abwertende Haltung gegenüber Fremden ist im Westen wie im Osten in den ländlichen<br />

Gebieten stärker als in den urbanen Gemeinden. Dies entspricht einer Vielzahl von stadtsoziologischen<br />

Befunden, die eine Abnahme der sozialen Kontrolle und eine Pluralisierung des städtischen Lebens<br />

beschreiben: Wo viele einander fremd sind, sind auch Fremde eher erträglich. Schließlich kann ein deutlicher<br />

Zusammenhang zwischen Fremdenfeindlichkeit und der politischen Selbsteinschätzung am rechten<br />

882 Für ALLBUS-Daten vgl. TERWEY, M., 1998; SCHMIDT, P. und A. HEYDER, 2000.<br />

883 Vgl. KLEINERT, C., 2000, S. 362.<br />

884 Beide Studien benennen aufgrund verschiedener Operationalisierungen den Anteil der Jugendlichen, die deutlich ausländerfeindlich<br />

sind, mit ca. 33 % (MÜNCHMEIER, R., 2000, S. 256 f.) und 18 % (West) und 36 % (Ost) (KLEINERT, C., 2000, S. 362).

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