Innere Sicherheit
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PSB Seite 91<br />
8,7%). 300 Von daher fallen die Anstiege der registrierten Tatverdächtigen seit 1993 geringer aus als aufgrund<br />
der Zunahme der Aufklärungsquote, bei ansonsten angenommener Konstanz der übrigen Bedingungen,<br />
zu erwarten wäre. Anders ausgedrückt: Wäre die Aufklärungsquote konstant geblieben, dann<br />
hätte ein Rückgang der registrierten Tatverdächtigen festgestellt werden müssen. Insofern geben die<br />
Hellfelddaten für die letzten Jahre keinen Hinweis darauf, dass es tatsächlich zu einer Zunahme des sexuellen<br />
Kindesmissbrauchs gekommen wäre; eher ist von einer Abnahme auszugehen.<br />
Die Diskrepanz zwischen den oben dargestellten Opferstatistiken einerseits, nach denen die höchste Opferziffer<br />
1992 zu verzeichnen war, und den Daten zu den registrierten Tatverdächtigen andererseits, die<br />
für 1997 die höchste TVBZ zeigen, verweist gleichfalls auf die Bedeutung der gestiegenen Aufklärungsquoten.<br />
Ferner ist vor dem Hintergrund der Hinweise aus Dunkelfeldstudien, die auf einen langfristigen<br />
Rückgang sexueller Gewalt gegen Kinder schließen lassen, und dem Anstieg registrierter Tatverdächtiger<br />
im Hellfeld auch eine Zunahme der Anzeigebereitschaft zu vermuten, was auch vor dem Hintergrund der<br />
zunehmenden Problematisierung und Skandalisierung sexuellen Kindesmissbrauchs in der Öffentlichkeit<br />
sowie der gestiegenen Verfügbarkeit entsprechender Beratungsstellen und Betroffenengruppe plausibel<br />
erscheint. 301<br />
Auffallend ist weiter, dass sich für männliche deutsche Tatverdächtige im Jugendalter 1998 mit 49,4 je<br />
100.000 der Altersgruppe die höchste Tatverdächtigenbelastungszahl ergibt. Hier sind auch seit 1993<br />
deutliche Steigerungen zu erkennen. 1999 lag die TVBZ bei den männlichen deutschen Jugendlichen fast<br />
unverändert bei 49,1. Demgegenüber lag 1999 die Quote bei den Erwachsenen mit 19,6 erheblich niedriger.<br />
Es ist hier allerdings nicht auszuschließen, dass die Erhöhung der Aufklärungsquote vor allen Dingen<br />
die von jüngeren Tatverdächtigen begangenen Delikte betrifft, weshalb die altersgruppenbezogenen Steigerungsquoten<br />
möglicherweise irreführend sein können. Zudem ist zu beachten, dass nach wie vor aufgrund<br />
der Bevölkerungsstruktur die Erwachsenen etwa drei Viertel der männlichen Tatverdächtigen beim<br />
sexuellen Kindesmissbrauch stellen, während die Jugendlichen hier nur etwa ein Achtel ausmachen.<br />
2.2.1.3.2 Die Strafverfolgung der Täter sexuellen Kindesmissbrauchs<br />
Verschiedentlich wurde in der Literatur darauf hingewiesen, dass im Falle von Sexualdelikten gegen<br />
Kinder ein besonders ausgeprägter Ausfilterungsprozess stattfindet, aufgrund dessen nur ein sehr kleiner<br />
Teil der Tatverdächtigen überhaupt angeklagt und verurteilt werde. 302 Bezüglich des Verlaufs der justiziellen<br />
Handhabung von Fällen besteht allerdings in der Bundesrepublik Deutschland das Problem der<br />
mangelnden Vergleichbarkeit von polizeilichen Tatverdächtigenstatistiken einerseits und Strafverfolgungsstatistiken<br />
andererseits 303 , weshalb diese verfügbaren Aggregatstatistiken nur sehr eingeschränkte<br />
Erkenntnisse ermöglichen.<br />
In Köln fand WOLKE, die die Hälfte der 1991 bei der Staatsanwaltschaft beim Landgericht Köln zum<br />
sexuellen Kindesmissbrauch vorliegenden Aktenvorgänge analysierte, dass von 115 Vorgängen mit 196<br />
Geschädigten insgesamt 45,2% zur Anklageerhebung führten. 304 In einer empirischen Verlaufsstudie zur<br />
Strafverfolgung sexuellen Kindesmissbrauchs in der Bundesrepublik Deutschland, die sich auf sämtliche<br />
Fälle des Jahres 1991 in Berlin bezieht, konnte gezeigt werden, dass unter den 1.090 untersuchten Fällen<br />
nur bei 18,3% Antrag auf Eröffnung eines Hauptverfahrens oder Antrag auf Erlass eines Strafbefehls<br />
gestellt wurden. 305 Tatsächlich eröffnet wurde ein Hauptverfahren in 15,8% der Fälle. 306 Begrenzt man die<br />
300<br />
Der Höchststand der Tatverdächtigenziffern wurde im Jahre 1997 erreicht mit 22,6 männlichen deutschen Tatverdächtigen je<br />
100.000 der Bevölkerung und ist seitdem auf 21,3 zurückgegangen, obschon im selben Zeitraum die Aufklärungsquote von<br />
69,8% auf 72,4% weiter gesteigert werden konnte.<br />
301<br />
Vgl. dazu auch SCHETSCHE, M., 1993.<br />
302<br />
Vgl. SCHNEIDER, H. J., 1999a.<br />
303<br />
Vgl. VOLBERT R. und D. BUSSE, 1995, S. 151 m. w. N.<br />
304<br />
Vgl. Wolke, A., 1995.<br />
305<br />
Vgl. VOLBERT, R. und D. BUSSE, 1995.