Innere Sicherheit
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PSB Seite 155<br />
- Deutlich zugenommen, und zwar stärker als in "allgemeinen Verfahren", haben dagegen die Einstellungen<br />
ohne Auflagen, ferner - dies im Unterschied zu den "allgemeinen Verfahren" - die Einstellungen<br />
gem. § 170 Abs. 2 StPO. Letztere erfolgten zu rd. 80%, weil "Täterschaft, Tat oder Tatumstände<br />
nicht nachweisbar sind oder die Tat unter keinen Straftatbestand fällt".<br />
Gründe für diese Sonderentwicklung der staatsanwaltschaftlichen Erledigungspraxis bei besonderen Wirtschaftsstrafverfahren<br />
sind den statistischen Daten nicht zu entnehmen. Mit der Zahl der Verfahren 471<br />
dürfte dies nicht zusammenhängen, denn diese sind zurückgegangen. Aus den älteren Untersuchungen im<br />
Zusammenhang mit der BWE ist ferner bekannt, dass Beschränkungen des Prozessstoffes gem. §§ 154,<br />
154a StPO häufiger als in anderen Strafverfahren erfolgen. Wie ferner BERCKHAUER anhand seiner in den<br />
siebziger Jahren durchgeführten Aktenanalyse zeigen konnte, sind die niedrigen Anklage-, Verurteilungsund<br />
Sanktionsquoten mit eine Folge der Tatbestandsfassungen von Wirtschaftsstraftaten. Es besteht nämlich<br />
"ein deutlicher Zusammenhang zwischen dem Tatbestandsmuster und der Anklagehäufigkeit. Die<br />
Anklagehäufigkeit ist am geringsten beim Vorkommen von konkretisierungsbedürftigen Tatbestandsmerkmalen,<br />
insbesondere dann, wenn zur Erfüllung des Tatbestandes der Täter in einer bestimmten Absicht<br />
handeln muss.<br />
Die Anklagehäufigkeit erhöht sich leicht, wenn zwar ein konkretisierungsbedürftiges Tatbestandsmerkmal<br />
enthalten ist, aber nur Vorsatz vom Täter hinsichtlich sämtlicher Tatbestandsmerkmale gefordert<br />
wird. Dagegen ist die Anklagehäufigkeit schon größer als 50%, wenn der Tatbestand kein konkretisierungsbedürftiges<br />
Tatbestandsmerkmal enthält." 472 Entsprechendes statistisches Material oder neuere Untersuchungen<br />
fehlen.<br />
2.4.6.3 Sanktionspraxis bei Wirtschaftskriminalität<br />
Die Sanktionspraxis bei Wirtschaftskriminalität, also insbesondere Art und Höhe der verhängten Strafen,<br />
lässt sich anhand der StVSt nur sehr eingeschränkt messen, weil lediglich Verurteilungen wegen Verstößen<br />
gegen wirtschaftsstrafrechtliche Nebengesetze und gegen die durch das 1. und 2. WiKG geschaffenen<br />
Sondertatbestände eindeutig der Wirtschaftskriminalität zuordenbar sind. Hinsichtlich der Allgemeindelikte,<br />
wie Betrug oder Untreue, ist dagegen eine Zuordnung zu Wirtschaftsstraftaten nicht möglich.<br />
Bei den wirtschaftsstrafrechtlichen Nebengesetzen überwiegt mit Anteilen zwischen 80 und 90% die<br />
Geldstrafe, ausgenommen Verstöße gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz und das Außenwirtschaftsgesetz.<br />
So erhielten z. B.1998 86% der wegen Verstoßes gegen die Abgabeordnung Verurteilten eine Geldstrafe.<br />
Soweit Freiheitsstrafe verhängt wurde, wurde sie zu 77% zur Bewährung ausgesetzt. Geldstrafenanteile<br />
von über 80% weisen von den Wirtschaftsstraftaten des StGB die Veruntreuung von Arbeitnehmerentgelt,<br />
die Konkurs- und die Umweltdelikte auf. Die wirtschaftsstrafrechtlichen Betrugsformen, wie<br />
Subventionsbetrug oder der Missbrauch von Scheck- und Kreditkarten, wurden 1998 ebenfalls zu über<br />
60% mit Geldstrafe geahndet. Soweit bei Wirtschaftsstraftaten eine Freiheitsstrafe verhängt wurde, wurde<br />
sie überwiegend zur Bewährung ausgesetzt. Mit Ausnahme der Geld- und Wertzeichenfälschung, wo rd.<br />
ein knappes Drittel der Urteile auf unbedingte, d. h. nicht zur Bewährung ausgesetzte Freiheitsstrafe lautete,<br />
wurde bei fast allen sonstigen, in der StVSt der Wirtschaftskriminalität zuordenbaren Delikten in<br />
weniger als 10% der jeweiligen Urteile eine unbedingte Freiheitsstrafe verhängt.<br />
Von den Maßregeln der Besserung und Sicherung (§§ 61 ff. StGB) ist im Wirtschaftsstrafrecht vor allem<br />
das Berufsverbot (§§ 70 ff. StGB) - theoretisch - bedeutsam. Die hohe Einschätzung der "Prävention von<br />
Wirtschaftsdelikten durch Berufsverbote" 473 hat nichts daran zu ändern vermocht, dass die strafgerichtli-<br />
471 Statistisch nicht erfasst ist die Zahl der Einzelfälle pro Verfahren.<br />
472 BERCKHAUER, F., 1977, S. 205.<br />
473 MÜHLEMANN, D., 1987.