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Innere Sicherheit

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Seite 234<br />

PSB<br />

♦ Neue Initiativen auf der Ebene der EU und der UNO dienen dem Ziel, für bestimmte, im nationalen<br />

Recht zu pönalisierende, Verhaltensweisen klare Vorgaben zu machen, besondere, zur Bekämpfung<br />

der OK notwendige Ermittlungsmethoden im nationalen Recht vorzusehen und eine stärkere Koordinierung<br />

der Ermittlungen herbeizuführen.<br />

2.9.1 Grundsätzliche Probleme der Definition und der Wirklichkeitserfassung von<br />

Organisierter Kriminalität (auch) auf internationaler Ebene<br />

Bei der Organisierten Kriminalität handelt es sich seit langem um einen nicht nur in Deutschland besonders<br />

umstrittenen Kriminalitätsbereich. Die Stimmen derjenigen, die in der fachlichen und insbesondere<br />

öffentlichen Diskussion bereits prinzipiell an der Existenz eines entsprechenden Phänomens zweifeln 785 ,<br />

werden in jüngeren Jahren weniger. Jedoch bestehen nach wie vor deutliche Schwierigkeiten darin, sich<br />

auf ein gemeinsames Problemverständnis zu einigen. Diese Schwierigkeiten sind bis zu einem gewissen<br />

Grad bereits in der Natur der Sache selber angelegt. Dazu nur skizzenhaft Folgendes:<br />

Was Organisierte Kriminalität "wirklich" ist, entzieht sich bislang weltweit einer einfachen Beschreibung,<br />

erst recht einer eindeutigen Definition. In wissenschaftlicher Pointierung eines auch sonst theoretisch und<br />

methodologisch belangvollen Themas kann man das dahingehend präzisieren: Die Rede von der Organisierten<br />

Kriminalität bezieht sich auf ein komplexes, verzweigtes, um nicht zu sagen diffuses Feld von<br />

Strukturen, Personengemeinschaften und Handlungsvollzügen, das in viele Kriminalitätsbereiche hineinreicht.<br />

Organisierte Kriminalität ist schon aus diesem Grund nicht einfach wie ein körperlicher Gegenstand<br />

für jedermann in gleicher Weise evident gegeben. Sie muss wegen der genannten Diffusität vielmehr<br />

typischerweise auf dem Wege der Bildung eines Konstrukts (be-)greifbar gemacht werden, also<br />

durch eine in sich einigermaßen geschlossene gedankliche Vorstellung bzw., im anspruchsvollsten Fall,<br />

als das Resultat einer auch auf Forschung gestützten präzise ausgearbeiteten theoretischen Konzeption.<br />

Konstrukte sind nützliche Hilfsmittel zur Erzeugung eines einheitlichen Rahmens der Beobachtung, indem<br />

in der einen oder anderen Weise verschiedene Phänomene, die an der Oberfläche sehr heterogen sein<br />

können, unter einer zentralen Perspektive geordnet und damit wesenhaft verdichtet werden. Dies kann<br />

unter anderem zur Bildung von forschungsleitenden Hypothesen für (weitere) empirische Untersuchungen<br />

dienen. Typische Gefahren entstehen dann, wenn die Konstrukte sich sozusagen selbständig zu machen<br />

beginnen, wenn also beispielsweise im Laufe der Zeit das Bewusstsein darüber, lediglich unvollkommene<br />

Instrumente zur noch weiter anstehenden Erforschung einer komplexen Realität zur Verfügung<br />

zu haben, in den Hintergrund tritt und der Überzeugung Platz macht, dass die Instrumente die Realität<br />

bereits jetzt passgenau abbilden. Entsprechend werden dann die Nominaldefinitionen eines Phänomens<br />

wie Realdefinitionen verwendet. Im Extremfall wird dann nicht mehr die Brauchbarkeit der Definition<br />

durch stets neue kritische Konfrontation mit (widerständiger) Realität getestet und immer wieder modifiziert;<br />

vielmehr werden tendenziell nur noch diejenigen Aspekte von Realität gesucht und gesehen, die<br />

sich der Definition fügen. Dadurch droht die Definition auf Dauer erfahrungsresistent zu werden. Und<br />

vielleicht haben sich dann eben, um diese Erwägung auf die Organisierte Kriminalität zurück zu wenden,<br />

schon (wieder) ganz andere und neue Facetten von Organisierter Kriminalität entwickelt, für die der Blick<br />

durch die vorgegebne Definition buchstäblich verstellt ist.<br />

Solche möglicherweise provozierend wirkenden Sätze 786 sind nun schon rein wissenschaftlich nicht dahin<br />

zu verstehen, als werde behauptet, es gebe wirklich keine Formen von Organisation(en) in der Tatsachenwelt<br />

(moderner) krimineller Phänomene, die besondere Beachtung im Vergleich zu alltäglichen, in<br />

Mittäterschaft oder in Gruppen oder Banden geplanten und begangenen, Straftaten verdienten. Es geht<br />

785 Siehe dazu u.a. FALK, B., 1997, S. 130-132 unter der Überschrift: "Organisierte Kriminalität – nur ein Phantom?"<br />

786 Vgl. auch KERNER, H.-J., 1995, S. 40 ff. zu "Realitäten und Konstruktionen". Ähnliche Probleme bestehen bei der Erfassung<br />

fremdenfeindlicher Straftaten; siehe dazu den Abschnitt 2.10 "Politisch motivierte Kriminalität".

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