Innere Sicherheit
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PSB Seite 79<br />
♦ Die Einschätzung der Rückfallgefährdung von Sexualstraftätern ist wegen der hohen Dunkelfeldanteile<br />
sehr schwierig. Einschlägige, gerichtlich sanktionierte Rückfälligkeit ist mit einer Quote zwischen<br />
13% und 20% deutlich seltener, als in der Öffentlichkeit vermutet. Werden Dunkelfelddelikte<br />
einbezogen, so zeigen sich über einen sehr langen Zeitraum betrachtet jedoch deutlich höhere Rückfallwahrscheinlichkeiten,<br />
die allerdings - je nach Art des Sexualdeliktes - sehr unterschiedlich sind.<br />
♦ Die technologische Entwicklung hat mit dem Internet und der Verfügbarkeit von Videotechniken die<br />
Risiken des sexuellen Missbrauch von Kindern im Zusammenhang mit der Herstellung und Verbreitung<br />
kinderpornographischen Materials erhöht. Die verfügbaren Erkenntnisse über die Entwicklungen,<br />
das Ausmaß der Herstellung, Verbreitung und des Besitzes kinderpornographischer Darstellungen<br />
sind derzeit jedoch auf die Hellfelddaten begrenzt.<br />
♦ Seit 1996 werden die im Bereich Kinderpornografie gemeldeten Erkenntnisse länderübergreifend<br />
gesammelt. Seitdem hat es eine deutliche Zunahme der registrierten Fälle gegeben. Es ist jedoch unklar,<br />
ob dies mit einer realen Zunahme der Fallzahlen zusammenhängt oder damit, dass die Bereitschaft,<br />
Kinderpornografie den Strafverfolgungsbehörden mitzuteilen, zugenommen hat. Genauere Erkenntnisse<br />
über das Dunkelfeld sowie die Entwicklung der Mitteilungsbereitschaft liegen mangels<br />
entsprechender empirischer Studien bislang jedoch nicht vor.<br />
♦ Parallel zum Anstieg der gemeldeten Fälle und Tatverdächtigen hat auch die Anzahl der rechtskräftig<br />
verurteilten Personen deutlich zugenommen. Die weit überwiegende Mehrzahl wird zu Geldstrafen<br />
verurteilt.<br />
♦ Das Problem des sexuellen Missbrauchs von Kindern im Ausland durch Deutsche, so genannte Sexoder<br />
Prostitutionstouristen, ist in den letzten Jahren Gegenstand zahlreicher Kampagnen auf nationaler<br />
und internationaler Ebene gewesen. Bislang ist jedoch die Forschung über Ausmaß und Entwicklung<br />
dieser Form der sexuellen Gewalt noch unzureichend. Die Daten der Ermittlungsbehörden und<br />
Justiz zeigen, dass bislang nur sehr wenige Fälle strafrechtlich erfasst und sanktioniert werden.<br />
Seit Mitte der achtziger Jahre wird in der Bundesrepublik die Problematik des sexuellen Kindesmissbrauchs<br />
ausführlich in Wissenschaft und Öffentlichkeit debattiert. 243 In den letzten Jahren haben einige<br />
sehr spektakuläre Fälle sexuell motivierter Tötungsdelikte an Kindern die bundesdeutsche Öffentlichkeit<br />
in hohem Maße bewegt und teilweise auch verunsichert. 244 Aber auch die Fachdebatten waren oft stark<br />
emotionalisiert und entsprachen nicht immer dem kriminologischen sowie sexualwissenschaftlichen<br />
Kenntnisstand. 245 So lässt sich bezüglich der sexuell motivierten Tötung von Kindern, entgegen massenmedial<br />
vermittelten Eindrücken, ein deutlicher Rückgang konstatieren. 246<br />
Seitens des Gesetzgebers wurde in den letzten Jahren durch mehrere Gesetzesvorhaben in diesem Bereich<br />
das Ziel verfolgt, den Schutz von Kindern vor sexuellem Missbrauch zu verbessern. 247 Mit dem 27. Strafrechtsänderungsgesetz<br />
vom 23.7.1993 (in Kraft seit dem 1.9.1993) wurde durch Änderung von § 5 Nr. 8<br />
StGB die Anwendbarkeit deutschen Strafrechts auf Fälle des sexuellen Kindesmissbrauchs ausgedehnt,<br />
der durch Deutsche im Ausland begangen wurde, auch wenn die Tat dort nicht mit Strafe bedroht ist. Auf<br />
diese Weise sollten Strafbarkeitslücken geschlossen werden, die den "Sextourismus" Deutscher zum<br />
Nachteil ausländischer Kinder betreffen. Ferner wurde der Strafrahmen für die Herstellung und Verbreitung<br />
kinderpornographischer Schriften gem. § 184 Abs. 3 StGB erhöht und in einem neuen § 184 Abs. 4<br />
StGB eine erhöhte Strafe für Fälle gewerbs- und bandenmäßigen Handelns angedroht. Es wurde ein neuer<br />
§ 184 Abs. 5 StGB eingefügt, wonach auch der Besitz und die Besitzverschaffung unter Strafe gestellt ist.<br />
243<br />
Siehe dazu: WOLFF, R., 1994; ENDRES, J. und O. B. SCHOLZ, 1994; AMANN, G. und R. WIPPLINGER, 1997; WALTER, M. und<br />
A. WOLKE, 1997; kritisch dazu auch SCHETSCHE, M., 1993.<br />
244<br />
Eine genauere Darstellung eines solchen Falles findet sich bei BOETTICHER, A., 2000a.<br />
245<br />
Kritisch dazu z. B. KRÖBER, H.-L., 1999.<br />
246<br />
Vgl. PEIFFER, C., DELZER, D., ENZMANN, D. und P. WETZELS, 1998, S. 4; KRÖBER, H.-L., 1999.<br />
247<br />
Vgl. Dölling, D., 1999.