Innere Sicherheit
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PSB Seite 167<br />
- In zahlreichen Fällen scheinen die Beweismittel für eine Anklageerhebung nicht auszureichen. Der<br />
Vergleich der Durchschnittswerte für die Jahre 1995-1998 528 von PKS und StVStat zeigt, dass, insgesamt<br />
gesehen, die Verurteilungswahrscheinlichkeit wegen Vorteilsannahme/-gewährung mit 4%<br />
deutlich unterdurchschnittlich ist. Bei Bestechlichkeit/Bestechung, also bei pflichtwidrigen Diensthandlungen,<br />
entspricht die Verurteilungswahrscheinlichkeit mit 31% in etwa dem Durchschnitt. Die<br />
Aufschlüsselung nach Nehmer- und Geberseite zeigt, dass die Verurteilungswahrscheinlichkeit des<br />
Amtsträgers deutlich geringer ist (10%) als die des Gebers (30%). Freilich lässt diese Aufschlüsselung<br />
nach Straftatbeständen die unterschiedlichen Fallstrukturen nicht erkennen. In ihrer Strafaktenanalyse<br />
hat BANNENBERG festgestellt, dass bei Gelegenheitskorruption überwiegend gemäß § 170<br />
Abs. 2 StPO mangels hinreichenden Tatverdachts eingestellt worden war. Dort wo „gewachsene Beziehungen“<br />
festgestellt wurden, wurde vergleichsweise strenger sanktioniert, obwohl es auch hier einen<br />
erheblichen Anteil der Einstellungen aus Opportunitätsgründen gab. Die gravierendsten Korruptionsstrukturen<br />
(Netzwerke organisierter Wirtschaftskriminalität) wiesen die größten Ermittlungsschwierigkeiten<br />
auf. Diese Verfahren zeichneten sich dementsprechend aus durch einen hohen Anteil<br />
sehr langer Ermittlungsverfahren, durch einen hohen Anteil sowohl von Einstellungen mangels hinreichenden<br />
Tatverdachts oder unter Auflagen (§ 153a StPO) als auch von hohen Freiheitsstrafen. 529<br />
Tabelle 2.5-1: Vorteilsannahme und Vorteilsgewährung - Tatverdächtige, Abgeurteilte und Verurteilte<br />
1995-1998 insgesamt (Durchschnittswerte), alte Länder (mit Gesamtberlin)<br />
Tatbestand<br />
Tatverdächtige<br />
Angeklagte<br />
Auf 100 Tatverdächtige kamen<br />
Verurteilte<br />
Abgeurteilte Verurteilte<br />
Vorteilsannahme (§ 331 StGB) 554 24 17 4,4 3,0<br />
Bestechlichkeit (§ 332 StGB) 309 88 71 28,4 23,0<br />
Vorteilsgewährung (§ 333 StGB) 159 22 12 13,7 7,6<br />
Bestechung (§ 334 StGB) 973 404 332 41,5 34,1<br />
Vorteilsannahme/-gewährung 712 46 29 6,5 4,0<br />
Bestechlichkeit/Bestechung 1.282 492 403 38,3 31,4<br />
Nehmerseite (§§ 331, 332 StGB) 863 112 88 13,0 10,1<br />
Geberseite (§§ 333, 334 StGB) 1.132 426 344 37,6 30,4<br />
Datenquelle: Polizeiliche Kriminalstatistik, Strafverfolgungsstatistik.<br />
- Da die StA-Statistik nicht nach Delikten differenziert und auch keine verlaufsstatistischen Daten<br />
verfügbar sind, ist unbekannt, ob dieser erhebliche "Tatverdächtigenschwund" darauf beruht, dass<br />
überdurchschnittlich häufig eingestellt oder wegen anderer Delikte als §§ 331 ff. StGB Anklage erhoben<br />
wird. In der Aktenanalyse von Schönherr, dessen Untersuchungsgut allerdings aus den siebziger<br />
Jahren stammt, wurde festgestellt, dass in einer Reihe von Verfahren wegen anderer Delikte Anklage<br />
erhoben wurde. Verfahrenseinstellungen erfolgten überwiegend gem. § 170 Abs. 2 StPO, weil insbesondere<br />
die sog. Unrechtsvereinbarung nicht nachweisbar war. 530<br />
Korruptive Verhaltensweisen sind, gemessen an den Zahlen der amtlichen Kriminal- und Strafrechtspflegestatistiken,<br />
relativ seltene Vorkommnisse. Daraus sind mehrere Folgerungen möglich. Die Daten<br />
528<br />
Angesichts der kleinen Zahlen wurden zur Nivellierung von Sonderentwicklungen in einem Jahr auch hier Durchschnittswerte<br />
für die Jahre 1994-1998 gebildet.<br />
529<br />
Vgl. BANNENBERG, B., 2001, S. 40.<br />
530<br />
Vgl. SCHÖNHERR, R., 1985, S. 226 ff.