Innere Sicherheit
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Seite 322<br />
bachtet. Die Lebenslagen der Asylbewerber und der nach erfolglosem Asylantrag Geduldeten sind durch<br />
Einschränkungen (Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, Wohnheim, Aufenthaltsvorschriften)<br />
charakterisiert. Diese Komponenten der Lebenssituation lassen auch in Zukunft eine stärkere Beteiligung<br />
an Straftaten erwarten, die sich auch bei Sichtung verschiedener Datenquellen durchgängig gezeigt<br />
hat. Von einer Mehrbelastung ist auch bei vorsichtiger Auswertung aller Quellen in der Tat auszugehen.<br />
Gleichwohl ist dieser Befund solange unsicher, als keine verlässlichen und differenzierten Basisdaten<br />
über die Grundgesamtheit der Zuwanderer zur Verfügung stehen, die es erlauben, die Tatverdächtigenbelastung<br />
spezifisch für einzelne Zuwanderergruppen zu errechnen. Wichtig ist ferner die erweiterte<br />
Opfererfassung, auch nach Staatsangehörigkeit und Klassifikation besonders gefährdeter Personengruppen<br />
in der PKS, wie sie mit der Neugestaltung der PKS bereits vorgesehen ist, sowie die Berücksichtigung<br />
der Viktimisierung von Ausländern in kriminologischen Opferuntersuchungen.<br />
Ein Teil der Zuwanderer, die schon länger in Deutschland leben bzw. hier geboren sind, befindet sich<br />
nach Meinung vieler Fachleute in einer spannungsreichen Lage. Trotz erheblicher Integrationsbemühungen<br />
auf beiden Seiten stagniere der Eingliederungsprozess. Dadurch geraten die Lebensperspektiven in<br />
ein Ungleichgewicht zu den gesellschaftlichen Erfolgserwartungen. Diese Widersprüchlichkeit kann zur<br />
Konfliktquelle werden (Anomie). Statt die Werte gesellschaftlicher Institutionen aufzugreifen, gewinnt<br />
das Zusammengehörigkeitsgefühl der eigenen Ethnie insbesondere in "peer groups" wieder größere Bedeutung.<br />
1007<br />
Nur eine gezielte und kontinuierliche Integrationspolitik kann eine Gegenkraft entwickeln. 1008 Dazu gehört<br />
in erster Linie Bildungsförderung; vor allem Bildung und Sprachkompetenz erweitern die Lebenschancen<br />
in einer offenen Gesellschaft. Vieles deutet auf die Notwendigkeit verstärkter Integrationshilfen<br />
für die zweite und dritte Generation der Zuwanderer hin, um ihren sozialen Aufstieg zu fördern und Segmentierungen<br />
abzubauen.<br />
Wichtig ist die Einsicht, dass die Kriminalität der Zuwanderer ganz wesentlich durch die in Deutschland<br />
erreichte und erreichbare Lebenssituation mitbestimmt wird. Diese zu verbessern, ist ein Projekt, das<br />
Konsequenz, aber auch Geduld erfordert.<br />
2.11.2 Zuwanderer mit deutschem Pass (Aussiedler)<br />
Kernpunkte<br />
♦ Entgegen verbreiteter Wahrnehmung existiert generell keine besonders erhöhte oder qualitativ besonders<br />
schwere "Aussiedlerkriminalität" im Vergleich zur alteingesessenen Bevölkerung.<br />
♦ Verlässliche amtliche Zahlen über die von Aussiedlern begangenen und registrieren Straftaten für die<br />
ganze Bundesrepublik Deutschland gibt es nicht. Insbesondere ist es nicht möglich, exakte Belastungszahlen<br />
zu errechnen.<br />
♦ Seit dem Inkrafttreten der Neuregelung des Kriegsfolgenbereinigungsgesetzes zum 1. Januar 1993<br />
sind knapp 1,3 Millionen Personen aus dem Kreis der deutschen Volkszugehörigen mit dem Status<br />
des Spätaussiedlers in Deutschland aufgenommen worden. Von 1998 bis 2000 waren es rund 300.000<br />
Spätaussiedler mit Angehörigen.<br />
♦ Im Unterschied zu anderen Zuwanderern haben Spätaussiedler in rechtlicher Hinsicht den wesentlichen<br />
Vorteil, umgehend die deutsche Staatsangehörigkeit zu erhalten. In sozialpsychologischer Sicht<br />
freilich teilen sie mit Zuwanderern vor allem aus fernen Staaten oder Kulturen das Problem, in der<br />
neuen Heimat von den Einheimischen tendenziell als Fremde angesehen, mit Vorbehalten bedacht<br />
und gegebenenfalls offen abgelehnt zu werden.<br />
1007 Vgl. GEBAUER, M., 1998, S. 587.<br />
1008 Einen Hinweis auf den Erfolg solcher Politik in Schweden gibt ALBRECHT, H., 1998a, S. 14.<br />
PSB